Freitag, Dezember 27, 2024
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Stichwort: Schlichterspruch muss Tarifstreit nicht beenden

30. Mrz – Die Anrufung der Schlichtung im Tarifstreit über höhere Löhne für rund 2,5 Millionen Beschäftigte beim Bund und in den Kommunen bedeutet nicht, dass weitere Streiks völlig vom Tisch sind. Für die Osterzeit ist die Streikgefahr aber abgewendet. Unter Leitung von zwei unparteiischen Schlichtern müssen die Tarifparteien nun eine Einigungsempfehlung ausarbeiten. Diese könnte etwa ab Mitte April vorliegen. Sie ist aber nicht bindend und bildet nur die Grundlage für die Wiederaufnahme der Verhandlungen. Gelingt dann keine Einigung, droht ein flächendeckender Arbeitskampf mit Streiks.

Im Folgenden ein Ausblick, wie es weitergehen könnte im Tarifkonflikt. Die Fristen bilden nur einen Rahmen:

ANRUFUNG – Der Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) müssen die Gewerkschaften – vor allem Verdi und den Deutschen Beamtenbund (dbb) – informieren, dass sie die Schlichtung anrufen. Das muss binnen 24 Stunden geschehen, nachdem die Verhandlungen für gescheitert erklärt worden sind. Dies hatten die Gewerkschaften in der Nacht auf Donnerstag getan.

Die Verhandlungsführerin des Bundes, Innenministerin Nancy Faeser (SPD), teilte am Vormittag mit, die Arbeitgeber hätten die Schlichtung mittlerweile eingeleitet. Ab dem dritten Tag nach Anrufung der Schlichtung – also ab Sonntag – greift die Friedenspflicht, mit der auch Warnstreiks bis zum Ende der Verhandlungen über ein Schlichtungsergebnis ausgeschlossen sind. Das dürfte frühestens der 19. April werden.

BEGINN – Die Gewerkschaften haben mit dem Bund und der VKA eine Schlichtungsvereinbarung aus dem Jahr 2011. Darin sind die Abläufe geregelt. Demnach muss die Schichtungskommission innerhalb von sechs Tagen nach Anrufung der Schlichtung zusammentreten. Das wäre spätestens der 6. April – also Gründonnerstag. Die Fristen gelten aber nicht zwangsläufig. Die Tarifparteien können einvernehmlich auch andere Abläufe vereinbaren. Am Donnerstag wurde noch darüber beraten, ob es sinnvoll sei, noch vor Ostern zu beginnen – oder den Auftakt hinter die Feiertage zu verschieben. In Verhandlungskreisen wurde aber mit einem Auftakt vor Ostern gerechnet.

KOMMISSION – Beraten wird in einer Schlichtungskommission, der je zwölf Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften angehören. Die jeweiligen Verhandlungsführer im Tarifstreit – etwa Innenministerin Faeser für den Bund oder Verdi-Chef Frank Werneke – sind in der Regel nicht dabei. Sie sollen später auf Grundlage der Schlichtungsempfehlung in die Verhandlungen wieder einsteigen. Verdi wird in der Schlichtung von Vizechefin Christine Behle angeführt. Hinzu kommen zwei unparteiische Schlichter – der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt für die Arbeitgeber, für die Gewerkschaften der frühere Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr.

EINIGUNGSEMPFEHLUNG – Spätestens eine Woche nach Zusammentritt der Schlichtungskommission muss sie eine Einigungsempfehlung abgeben. Dabei sind die Gewerkschaften dieses Mal im Vorteil. Denn der Vorsitz der Kommission liegt derzeit bei Lühr, der damit bei einem Patt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften den Ausschlag geben kann. Für den weiteren Verlauf ist das aber nicht ausschlaggebend – schließlich müssen in den Verhandlungen auf der Grundlage der Einigungsempfehlung alle Seiten zustimmen, wenn ein Abschluss gelingen soll.

SCHLICHTUNGSABLAUF – Die Schlichtungskommission tagt in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem geheimen Ort. Die Einigungsempfehlung muss binnen 24 Stunden den Tarifparteien zugehen, die wiederum innerhalb von drei Tagen die Verhandlungen auf dieser Grundlage wiederaufnehmen müssen. Bis zum Ende dieser Verhandlungen gilt die Friedenspflicht. Kommt keine Einigung zustande, können die Gewerkschaften zum Arbeitskampf aufrufen.

RÜCKBLICK: In der Vergangenheit gingen Schlichtungen ganz unterschiedlich aus. Im Frühjahr 2010 übernahmen im Tarifkonflikt für Bund und Kommunen beide Seiten im wesentlichen einen Schlichterspruch, an dem damals bereits Milbradt als Schlichter beteiligt war. In den Jahren 2003 und 2008 waren Schlichtungsverfahren im öffentlichen Dienst gescheitert, weil jeweils eine der Tarifparteien der Empfehlung nicht folgte.

ANGEBOT UND FORDERUNG: Kurz vor dem Scheitern der Verhandlungen verbesserten die Arbeitgeber noch einmal ihr Angebot aus der zweiten Verhandlungsrunde. Sie boten laut Faeser eine lineare Entgelterhöhung um acht Prozent an, bei einem Mindestbetrag von 300 Euro monatlich. „Darüber hinaus wären wir zu steuerfreien Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 3000 Euro bereit gewesen – zum Ausgleich der hohen Inflation“, sagte Faeser. Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund (dbb-Tarifunion) haben indes 10,5 Prozent mehr Geld gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat, bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten.

Stichwort: Schlichterspruch muss Tarifstreit nicht beenden

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von trigidey auf Pixabay

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