Frankfurt, 29. Mrz – Die Porsche SE hat sich bei Schadenersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Dieselskandal bei Volkswagen in einem wichtigen Punkt durchgesetzt. Prinzipiell habe die VW-Hauptaktionärin Porsche SE (PSE) zwar eine Veröffentlichungspflicht über Vorgänge bei ihrem größten Investment Volkswagen, erklärte das OLG Stuttgart am Mittwoch in einem Musterverfahren. Doch könne dem Vorstand der PSE nicht dasselbe Wissen wie dem VW-Vorstand zugerechnet werden, auch wenn es hier personelle Überschneidungen gibt. Das OLG-Urteil kann vor dem Bundesgerichtshof (BGH) angefochten werden.
Hunderte Anleger beklagen, die Porsche SE habe den Kapitalmarkt zu spät über den im September 2015 aufgedeckten Dieselabgasskandal bei Volkswagen informiert. Ihnen seien durch zu teuren Erwerb von PSE-Aktien Kursverluste entstanden. Das Klagevolumen beläuft sich insgesamt auf 929 Millionen Euro. Nach Auffassung der Investoren hätte die PSE sowohl in den Anfängen des Abgasskandals 2008, als die Abschalteinrichtungen eingebaut wurden, als auch in der Phase der Aufdeckung durch US-Behörden in den Jahren 2014 und 2015 per Ad-hoc-Mitteilung den Kapitalmarkt über Dieselgate informieren müssen.
KLÄGER BLEIBEN HARTNÄCKIG
Die PSE begrüße die Entscheidung des Gerichts, die vom Musterkläger geforderten Feststellungen überwiegend nicht anzuerkennen. Vor allem die Bewertung zur Wissensanrechnung bestätige sie in ihrer Auffassung, dass die Ansprüche unbegründet seien, erklärte die von den Familien Porsche und Piech kontrollierte Holding.
Musterkläger ist ein Pensionsfonds der britischen Stadt Wolverhampton, der von der Frankfurter Kanzlei Nieding + Barth vertreten wird und 5,7 Millionen Euro Schadenersatz fordert. Rechtsanwalt Klaus Nieding erklärte, er werde den Fall dem BGH vorlegen. Hartnäckigkeit habe sich bei den von der Kanzlei vertretenen Anlegerklagen gegen die Deutsche Telekom ausgezahlt, die nach 20 Jahren einen Vergleich mit 16.000 Anlegern schließen musste. „Wir werden auch hier wieder sehr hartnäckig sein“, sagte Nieding. Der Anwalt musste bereits bis zum BGH gehen, um das Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die PSE in Stuttgart parallel zum größeren, in gleicher Sache laufenden Verfahren gegen VW und PSE in Braunschweig durchzusetzen.
Hauptstreitpunkt war, inwieweit die für beide Unternehmen tätigen Spitzenmanager ihr Wissen über ad-hoc-pflichtige Vorgänge bei VW auch bei der PSE einbringen müssen. Denn bei VW und seinem Haupteigner gab und gibt es Doppelfunktionen. So war der frühere VW-Chef Martin Winterkorn zur Zeit des Dieselskandals 2015 zugleich Vorstandschef bei der Porsche SE. Der heutige PSE-Vortandschef Hans Dieter Pötsch ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Volkswagen.
Nach Auffassung des Gerichts reichen die Doppelfunktionen alleine aber nicht aus für eine Veröffentlichungspflicht. Schließlich gelte für die VW-Vorstandsmitglieder unter Strafandrohung eine Verschwiegenheitspflicht. Daher könne offen bleiben, ob die Umstände der Aufdeckung des Dieselskandals 2014 und 2015 eine Insiderinformation darstellten. Auch zu Beginn des Dieselskandals 2008 musste die PSE nach Entscheidung der Richter keinen Alarm schlagen. Die Vernehmung der bis Ende 2009 amtierenden PSE-Vorstände Wendeling Wiedeking und Holger Härter hätte keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese die illegalen Abschalteinrichtungen kannten oder darüber hätten Bescheid wissen müssen.
VW hatte bei weltweit rund elf Millionen Diesel-Pkw illegale Abschalteinrichtungen eingebaut, die ein Einhalten von Stickoxid-Grenzwerten auf dem Prüfstand von Behörden vorgaukelten. Im realen Betrieb auf der Straße war der Schadstoffausstoß viel höher. Volkswagen kostete der Betrug schon mehr als 32 Milliarden Euro. (AZ: 20 Kap 2/17)
Porsche SE erzielt Etappensieg im Rechtsstreit mit Anlegern um VW-Dieselskandal
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Nerijus jakimavičius auf Pixabay
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