UPDATE Tokio, 09. Mrz – Japan ist vor der Jahreswende nur haarscharf einer Rezession entgangen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte laut offiziellen Daten vom Donnerstag von Oktober bis Dezember 2022 aufs Jahr hochgerechnet lediglich um 0,1 Prozent zu, nachdem die Wirtschaft im Sommer um 1,1 Prozent geschrumpft war. Dies bedeutet, dass es im Herbst de facto zu einer Stagnation gekommen ist. In einer früheren Schätzung war für das Schlussquartal noch ein BIP-Plus von 0,6 Prozent veranschlagt worden.
Laut dem Ökonomen Wakaba Kobayashi vom Daiwa Institute of Research dürfte die steigende Inflation den Konsum gedämpft haben. Zudem sei die Erholung im Servicesektor nach der Lockerung der Corona-Restriktionen nicht so stark ausgefallen wie erwartet. Wie aus den BIP-Daten hervorgeht, legte der private Konsum, das Rückgrat der japanischen Wirtschaft, nur um 0,3 Prozent zu. In der ersten Schätzung war das Plus noch auf 0,5 Prozent taxiert worden. Angesichts der globalen Konjunkturflaute macht Japans stark exportabhängige Wirtschaft die maue Nachfrage aus dem Ausland zu schaffen.
Die Regierung dringt mit Blick auf die im Frühjahr anstehenden Tarifrunden auf Lohnerhöhungen in der Wirtschaft, damit der Privatkonsum in Zeiten hoher Inflation richtig Fahrt aufnehmen kann. Japans größte Gewerkschaftsgruppe „Zensen“ hat unterdessen mit den Arbeitgebern frühzeitig Vereinbarungen über kräftige Lohnerhöhungen getroffen. Der Abschluss, der rund 240.000 Beschäftigte im Dienstleistungs-, Textil- und Vertriebssektor betrifft, war mit 5,28 Prozent höher als von Experten erwartet. Zugleich winkt den Beschäftigten ein reales Gehaltsplus, da der Schluck aus der Lohnpulle kräftiger als die Inflation ausfiel, die zuletzt mit 4,2 Prozent ein 41-Jahres-Hoch erreichte. Der Abschluss, mit dem die Unternehmen Arbeitskräfte in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an sich binden möchten, ist ganz im Sinne der Notenbank, die Lohnsteigerungen als Schlüssel zum stabilen Erreichen ihres Inflationsziels von zwei Prozent ansieht.
NOTENBANK BLEIBT LOCKERER LINIE TREU
„Die Wirtschaft bleibt ab April in einer schwierigen Lage, da die Gefahr zunimmt, dass das Wachstum in Europa und Nordamerika wegen der beharrlichen Straffung der Geldpolitik ins Stocken gerät“, so die Einschätzung von Takeshi Minami, Chefökonom am Norinchukin Research Institute. Führende Notenbanken wie etwa die Fed in den USA oder die Europäische Zentralbank (EZB) steuern im Kampf gegen die hohe Inflation längst einen straffen Kurs und stehen vor weiteren Zinserhöhungen. Japan widersetzt sich diesem Trend: Dort verfolgt die Bank of Japan (BoJ) bereits seit 2016 eine Politik der Zinskurven-Steuerung. Dabei peilen die Währungshüter Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen an.
Die BoJ wird beim Zinsentscheid am Freitag voraussichtlich ihre ultra-lockere Linie beibehalten. Es wird zugleich die letzte Zinsentscheidung in der 10-jährigen Amtszeit von Notenbankchef Haruhiko Kuroda sein, der Anfang April abtritt. Sein designierter Nachfolger Kazua Ueda hat Spekulationen über eine rasche Zinswende bereits gedämpft.
Japans Konjunkturmotor stottert – Maue Weltwirtschaft bremst
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Dylan Gonzales auf Pixabay
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