München, 10. Nov (Reuters) – Die Allianz steuert in diesem Jahr auf einen neuen Rekordgewinn zu. Das operative Ergebnis werde zwischen 13,4 Milliarden und 14,4 Milliarden Euro liegen, also über dem Wert des vergangenen Jahres und in der oberen Hälfte der anvisierten Spanne, legte Finanzvorstand Giulio Terzariol die Latte nach dem dritten Quartal höher. Im August war er angesichts des Ukraine-Krieges noch vorsichtiger gewesen. Am Donnerstag begründete er den Optimismus vor allem mit der kräftig wachsenden Schaden- und Unfall-Sparte. Deren Rekordergebnis des dritten Quartals von 1,7 Milliarden Euro sei „wiederholbar“. Die Leben-Sparte habe die Abschreibungen wegen des Abschwungs an den Märkten größtenteils hinter sich, und in der Vermögensverwaltung winkten die zum Jahresende fälligen Performance-Fondsgebühren.
Im Sommer lief es für Deutschlands größten Versicherer vor allem in der Schaden- und Unfall-Sparte gut. Das operative Ergebnis stieg im dritten Quartal um sieben Prozent auf 3,48 Milliarden Euro. Nach neun Monaten steht die Allianz bei 10,2 Milliarden Euro. Für den Hurrikan „Ian“, der Versicherer wie Zurich beutelt, muss die Allianz weniger als 100 Millionen Euro zahlen. „Unsere ausgezeichneten Ergebnisse in diesem Quartal beweisen erneut die Widerstandsfähigkeit und Stärke der Allianz in einem dramatischen geopolitischen und marktbezogenen Umfeld“, sagte Vorstandschef Oliver Bäte. Die Allianz-Aktie legte zwei Prozent auf 192,50 Euro zu.
Der teure Skandal um Verluste von US-Anlegern mit Allianz-Hedgefonds schlägt sich allerdings noch im Nettogewinn nieder. 1,6 Milliarden Euro musste die Allianz in diesem Jahr noch für den insgesamt sechs Milliarden Dollar schweren Vergleich mit Investoren in die „Structured Alpha“-Fonds und den US-Behörden zurückstellen. Vor allem steht deshalb nach neun Monaten ein Nettoergebnis von 4,7 (6,9) Milliarden Euro zu Buche, das ist ein Rückgang um knapp ein Drittel. Der Umsatz lag nach drei Quartalen mit 116 Milliarden Euro um fünf Prozent über Vorjahr.
AUSSTIEG AUS RUSSLAND VERZÖGERT SICH
Dabei kommen der Allianz einige Sondereffekte zugute. Der bereits im Juni vereinbarte Verkauf des Russland-Geschäfts verzögert sich, so dass sie den daraus erwarteten Verlust von 400 Millionen Euro wohl erst im neuen Jahr statt wie gedacht im dritten Quartal verbuchen muss. „Verhandlungen mit den Behörden brauchen Zeit. Das kann bis zu ein Jahr dauern“, so Terzariol. Aber er rechne nicht damit, dass der Verkauf scheitere. Und der nach dem Hedgefonds-Skandal erzwungene Verkauf des US-Geschäfts von Allianz Global Investors an den Fondsmanager VoyaVOYA.N bringe unter dem Strich rund 300 Millionen Euro Gewinn.
Im operativen Geschäft mit Sach- und Leben-Policen und mit Investmentfonds machen der Allianz die steigenden Zinsen Mut. Im dritten Quartal schnellten die Beitragseinnahmen in der Schaden- und Unfallversicherung um 14 Prozent nach oben, der operative Gewinn stieg um ein Drittel. Die binnen Jahresfrist von 1,3 auf 3,5 Prozent gestiegene Rendite auf Neuanlagen verheiße Gutes für den künftigen Gewinn, sagte Terzariol. In der Lebensversicherung liegt die Wiederanlagerendite inzwischen sogar bei 4,0 (2021: 1,8) Prozent. Die Sparte musste aber Abstriche machen, weil das Geschäft mit fondsgebundenen Policen und Einmalbeiträgen wegen der Zinswende schlechter läuft.
Sie beeinträchtigt auch den auf Anleihefonds spezialisierten Vermögensverwalter Pimco. Dort und bei Allianz Global Investors zogen die Kunden 20 Milliarden Euro ab. Die Investoren zögerten zurzeit wegen der Unsicherheit an den Märkten, sagte Terzariol. „Aber wenn die Notenbanken aufhören, über Zinserhöhungen zu reden, werden wieder Zuflüsse kommen, und zwar starke Zuflüsse.“
Seine wachsende Zuversicht unterstreicht der Versicherer mit dem zweiten milliardenschweren Aktienrückkauf in diesem Jahr: In Kürze will er beginnen, Allianz-Aktien für bis zu eine Milliarde Euro am Markt aufzukaufen. Mit Aktienrückkäufen geben Firmen überschüssiges Kapital – ähnlich wie mit Dividenden – an die Anteilseigner zurück. Die Branchenaufsichtsbehörde BaFin hatte die Versicherer angesichts der starken Inflation ermahnt, bei Ausschüttungen „sehr vorsichtig“ vorzugehen. Die Solvenzquote der Allianz ist bis Ende September auf 199 von 209 Prozent zu Jahresbeginn geschrumpft. Man nehme Risiken aus der Bilanz, sagte Terzariol.
Allianz nimmt operativ wieder Rekordgewinn ins Visier
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Michael auf Pixabay
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