Berlin, 20. Okt – Die Bundesregierung findet keine gemeinsame Haltung zu dem vom Hamburger Hafen geplanten Teilverkauf eines Container-Terminals an die chinesische Reederei Cosco. „Es gibt noch keine Entscheidung in der Bundesregierung“, hieß es am Donnerstag in Regierungskreisen zu Medienberichten, das Bundeskanzleramt wolle eine Genehmigung des chinesischen Einstiegs gegen die Ablehnung etwa von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durchsetzen.
Bis Ende des Monats laufe eine Frist, bis zu der Einspruch erhoben werden könne. Diese Frist könne aber verlängert werden. Der chinesische Staatskonzern will sich mit 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Container-Terminals Tollerort beteiligen, dem kleinsten der vier Container-Umschlaganlagen. „Der Hamburger Hafen wird nicht an China verkauft“, erklärte der Hafenkonzern HHLA.
Da es sich dabei um kritische Infrastruktur handelt, läuft im Wirtschaftsministerium ein Investitions-Prüfverfahren. Habeck hatte Mitte September deutlich gemacht, dass er den Einstieg wohl nicht erlauben werde. Tollerort sei zwar nur kleiner Teil vom Gesamthafen, aber China könnte dann Einfluss auf den Handel nehmen: „Deswegen haben wir das geprüft.“ Am Donnerstag wollte sich Habeck nicht zu dem Verfahren äußern: „Das ist ein regierungsinterner Vorgang und ich würde ihn gern regierungsintern lassen.“
Das Bundeskanzleramt will das Geschäft aber nach Berichten verschiedener Medien auch gegen den Willen anderer Ministerien ermöglichen. Laut NDR und WDR haben alle sechs beteiligten Bundesministerien eine Genehmigung abgelehnt. Das Kanzleramt setzte demnach den erforderlichen Kabinettbeschluss aber nicht auf die Tagesordnung. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, dessen Vorgänger in dem Amt Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) war, hatte im September für eine Genehmigung geworben. Er befürchte andernfalls Standortnachteile.
Die Grünen lehnen das Vorhaben ab. „Der Verkauf von Anteilen des Hamburger Hafens an ein chinesisches Unternehmen wäre ein Fehler“, twitterte Parteichef Omid Nouripour. „Wenn wir die Lebensadern unserer Wirtschaft in falsche Hände legen, riskieren wir unsere Souveränität.“
HAFEN – BEHALTEN KONTROLLE ÜBER WESENTLICHE ENTSCHEIDUNGEN
Die HHLA betonte jedoch: „Im Rahmen der geplanten Partnerschaft erwirbt Cosco keine Anteile am Hamburger Hafen.“ Die Beteiligung betreffe maximal 35 Prozent an der HHLA-Tochter Container Terminal Tollerort (CTT). Diese sei letztlich eine Betriebsstätte. „Die HHLA behält die alleinige Kontrolle über alle wesentlichen Entscheidungen.“ IT- und Vertriebsdaten blieben allein in der Verantwortung der HHLA.
Cosco habe an CTT keine Exklusivitätsrechte – der Terminal bleibe für Containermengen aller Kunden offen. Die chinesische Firma erhalte keinen Zugriff auf strategisches Know-how, zudem bleibe die Hafeninfrastruktur im Eigentum der Hansestadt Hamburg. Die Zusammenarbeit mit Cosco berge deshalb keine Gefahren für die Sicherheit des Landes und schaffe keine einseitigen Abhängigkeiten, erklärte die HHLA.
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann zeigte sich auf dem Logistik-Kongress in Berlin gelassen. Es verstehe die Aufregung nicht, denn es handele sich ja nur um eine Minderheitsbeteiligung an einer Tochter des Hamburger Hafens.
Logistik-Branche und Wissenschaftler haben ebenfalls kaum Bedenken. „Der Hamburger Hafen hat seit Jahrzehnten viele chinesische Firmen als Partner, und das hat immer gut funktioniert“, sagte der Chef der Bundesvereinigung Logistik, Thomas Wimmer, der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Handelsexperte Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft hält kurzfristig positive Impulse für die Wirtschaft für möglich, wenn der Handel zwischen Deutschland und China erleichtert werde. „Gleichzeitig birgt es langfristig Gefahren, wenn ein chinesischer Konzern eine marktbeherrschende Kontrolle über Transportwege erlangt und Deutschland seiner Abhängigkeit vom Handel mit China nicht entgegenwirkt“, sagte Stamer Reuters.
Bund uneins über China-Einstieg bei Hamburger Hafen-Terminal
Quelle: Reuters
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