18. Okt – Nach dem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz sollen die letzten drei Atomkraftwerke nicht Ende des Jahres vom Netz gehen, sondern spätestens bis zum 15. April 2023. Es folgen einige Fakten zu den Anlagen:
UM WELCHE MEILER HANDELT ES SICH?
Es geht um den E.ON-Meiler Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg von EnBW und das niedersächsische AKW Emsland von RWE. Ihr Anteil an der Stromerzeugung lag im ersten Halbjahr bei sechs Prozent. Für die Änderungen muss jetzt noch das Gesetz geändert werden. Bis Ende November soll es die parlamentarischen Hürden nehmen.
WIE SICHER IST DIE VERSORGUNG DURCH DEN LÄNGEREN BETRIEB?
Aus Sicht der vier Übertragungsnetzbetreiber etwas sicherer, Garantien gebe es aber keine. Die Netzbetreiber hatten einen Stresstest vorgenommen und Anfang September das Ergebnis vorgestellt. „Insgesamt ist klargeworden, dass wir vor einer angespannten Situation in ganz Europa stehen“, hatte der Chef des Netzbetreibers 50Hertz, Stefan Kapferer, gesagt. „Unsere Botschaft ist ganz klar: Es ist sinnvoll und notwendig, alle Möglichkeiten zur Erhöhung der Strom-Erzeugung und der Transportkapazitäten zu nutzen.“ Dies sei ein Baustein in einem Bündel von Maßnahmen. Während die Netzbetreiber sich für den Weiterbetrieb aller drei AKW aussprachen, wollte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Emsland zum Jahresende stilllegen und die beiden weiteren Meiler bis Mitte April als Reserve bereithalten.
WIE LANGE KÖNNEN DIE AKW OHNE NEUE BRENNSTÄBE PRODUZIEREN?
„Die Anlage kann mit dem vorhandenen Brennstoff bis zum 15. April betrieben werden, allerdings mit zunehmend verminderter Leistung“, sagt RWE über Emsland. Isar 2 kann nach Angaben von E.ON mit den vorhandenen Brennelementen bis März 2023 laufen. Für Neckarwestheim 2 gilt laut EnBW: „Eine Stromproduktion bis zum 15. April 2023 ist mit den vorhandenen Brennelementen jedoch grundsätzlich machbar. Eine Stromproduktion über das 2. Quartal 2023 hinaus ist mit den vorhandenen Brennelementen allerdings ausgeschlossen.“
WIE SCHNELL WÄREN NEUE BRENNSTÄBE ERHÄLTLICH?
Sollte es noch mal zu einer Verschiebung des Enddatums 15. April kommen, wären Experten zufolge neue Brennstäbe nicht von heute auf morgen erhältlich. Die Lieferzeit von Brennstäben für Kernkraftwerke in Deutschland liege im Schnitt bei etwa zwölf bis 15 Monaten, sagt der Partner bei der Unternehmensberatung Enervis, Mirko Schlossarczyk. „Falls seitens eines Betreibers bestimmte Komponenten, die für die Lieferzeit maßgeblich sind, vorab bestellt worden sind, lässt sich die Lieferzeit auf sechs bis sieben Monate verkürzen“, erklärt der Atomlobbyverband KernD.
WAS FÜR EINNAHMEN KÖNNEN DIE KONZERNE ZUSÄTZLICH ERZIELEN?
Bernstein Energieexpertin Deepa Venkateswaran rechnet für E.ON und RWE mit jeweils rund 300 Millionen Euro auf der Basis eines Strompreises von 180 Euro je Megawattstunde. E.ON verweist darauf, dass möglichen Einnahmen auch Kosten für die Verlängerung gegenüber stünden. Der Konzern wolle mögliche Einnahmen aus dem Weiterbetrieb für die Energiewende verwenden?
WOHER KOMMT DAS PERSONAL IN DEN ATOMKRAFTWERKEN?
Die notwendige Personaldecke sei gesichert, erklärt E.ON. Es hätten sich einige Mitarbeiter bereiterklärt, nicht in den Vorruhestand zu gehen, sondern für den Weiterbetrieb noch zur Verfügung zu stehen. EnBW kann auch auf sein erfahrenes Personal setzen. Dies stehe zur Verfügung, weil man den Mitarbeitern bereits vor über zehn Jahren nach dem Beschluss zum Atomausstieg eine langfristige berufliche Perspektive aufgezeigt und eine Beschäftigungsgarantie gegeben habe. Die gleichen Mitarbeiter würden auch für den Abriss der Kernkraftwerke benötigt, weil ihr kerntechnisches Know-how auch für den Rückbau sehr viel wert sei.
Ende verschoben – Die letzen drei AKW in Deutschland
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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