Frankfurt, 15. Okt – Die Europäische Zentralbank (EZB) darf laut Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei ihrem Kampf gegen die ausufernde Inflation nicht zu früh nachlassen. „Denn wir müssen sicherstellen, dass die hohe Inflation endet“, sagte Nagel am Samstag auf einer Veranstaltung der DZ Bank in Washington. Weitere Zinserhöhungen seien notwendig, um die Teuerungsrate im Euro-Raum mittelfristig wieder auf zwei Prozent zu drücken – das ist das Inflationsziel der EZB. Dies gelte nicht nur für die Zinssitzung Ende Oktober. „Der Umfang der Zinsschritte und wie hoch wir die Zinsen anheben wird jeweils von den aktuellen Daten und deren Bedeutung für den Inflationsausblick abhängen“, führte er aus.
Gegenwärtig wird an den Finanzmärkten damit gerechnet, dass die EZB auf ihrer Sitzung am 27. Oktober erneut einen XXL-Zinsschritt beschließen wird und die Schlüsselsätze wie im September um außergewöhnlich kräftige 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Denn die Inflation im Euro-Raum ist mit 10,0 Prozent im September inzwischen zweistellig geworden – das ist die höchste Rate, seit es den Euro gibt.
Sollten die Inflationserwartungen erst einmal aus dem Ruder laufen, müssten die Zinsen noch schneller oder höher steigen, warnte Nagel. Dann wären die konjunkturellen Kosten dafür, die Inflation zurück zum gewünschten Niveau zu bewegen, ebenfalls größer. „Das ist ein Szenario, das wir im EZB-Rat absolut verhindern möchten.“ Der Bundesbank-Präsident bekräftigte zudem seine Einschätzung, dass die Währungshüter sich auch damit beschäftigen sollten, ihre auf fast fünf Billionen Euro angeschwollenen Wertpapierbestände abzubauen. „Ich setzte mich dafür ein, diese Reduktion im EZB-Rat rechtzeitig zu adressieren, denn eine geldpolitische Normalisierung ist mehr als nur eine Erhöhung der Schlüsselzinsen,“ merkte er an.
Bislang hat die EZB noch keinen Zeitplan für den Abbau ihrer umfangreichen Anleihenbestände gegeben. In der Fachwelt wird dieser Prozent als quantitative Straffung bezeichnet. Einige Währungshüter hatten zuletzt signalisiert, dass für sie ein Start 2023 in Betracht kommt.
Nagel bekräftigte seine Einschätzung, dass in Deutschland die Inflation in diesem Jahr bei über acht Prozent liegen wird. Auch nächstes Jahr werde sie wahrscheinlich mit über sieben Prozent noch sehr hoch bleiben, sagte er. Angesichts der Energiekrise sei es möglich, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland im vierten Quartal dieses Jahres und im ersten Quartal 2023 schrumpfen könnte. „Das würde eine Rezession bedeuten, das ist ein erheblicher, breit angelegter und länger andauernder Rückgang der Wirtschaftsleistung.“
Bundesbank-Präsident – EZB darf nicht locker lassen im Kampf gegen die Inflation
Quelle: Reuters
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