Berlin, 12. Okt (Reuters) – Die deutsche Tourismusbranche wagt wegen der Energiekrise noch keine Prognose für das nächste Jahr. „Abzuwarten bleibt derzeit, wie sich die Konsumneigung der Deutschen in den nächsten Wochen vor dem Hintergrund der steigenden Inflation entwickelt“, sagte Präsident Norbert Fiebig vom Deutschen Reiseverband (DRV) am Mittwoch. Es müsse sich zeigen, wie hoch das frei zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen sein werde. Jüngste Umfragen belegten allerdings, dass Urlaubsreisen eine hohe Konsumpriorität hätten und Menschen trotz des aktuell schwierigen Umfeldes mit steigenden Energiepreisen auch 2023 nicht auf Reisen verzichten wollten. „Das stimmt uns optimistisch, dass die Reiseabsichten auch in konkrete Urlaubsbuchungen umgesetzt werden.“
In der zweiten Septemberhälfte sei bereits jede fünfte Buchung auf den Sommer 2023 entfallen. Beliebt seien Pauschalreisen mit der Absicherung der flexiblen Storno- und Umbuchungsmöglichkeiten der Veranstalter – die sogenannten Flex-Optionen. „Der Trend zu kurzfristigen Buchungen aus dem Sommer setzt sich auch jetzt im Herbst fort“, sagte Fiebig. Der bevorstehende Reisewinter 2022/2023 werde wohl deutlich besser ausfallen als zuletzt. Denn schon jetzt lägen die Umsätze 74 Prozent höher als im vorigen Winter, als Corona-Beschränkungen für einen Dämpfer gesorgt hatten. Dennoch sind die Zahlen weit unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie. So liegt der Buchungsumsatz für den gesamten Winter mit Stand Ende August 2022 verglichen mit dem Winterhalbjahr 2018/2019 noch 33 Prozent im Rückstand. Das Türkei-Geschäft jedoch hat zum Vorkrisenniveau um 16 Prozent zugelegt.
Die in rund zwei Wochen zu Ende gehende Sommersaison – Mai bis Oktober – wird laut DRV das Umsatzniveau des Vor-Corona-Sommers 2019 fast erreichen. Die Umsätze für organisierte Reisen lagen zuletzt nur noch fünf Prozent unter dem Stand vor drei Jahren. Offenbar haben sich viele Menschen nach der Pandemie etwas gegönnt: Die Ausgaben pro Person und Nacht stiegen im Schnitt um 15 Prozent. Besonders beliebt waren im Sommer Reisen ans Mittelmeer, die stärksten Umsatzsprünge verzeichneten die Türkei (33 Prozent) und Griechenland (22 Prozent).
Trotz des vielversprechenden Sommers fällt die vorläufige Bilanz für das gesamte Touristikjahr 2021/22 – also November 2021 bis Oktober 2022 – laut DRV „noch nicht so erfreulich aus“. Denn mit Buchungen bis Ende August ergibt sich noch ein Umsatzminus von 14 Prozent zum Gesamtjahr 2018/19. Grund hierfür sei der wegen Corona-Einschränkungen schlechte Winter 2021/22, als die Erlöse um gut ein Drittel einbrachen. „Die Reisewirtschaft ist auf Erholungskurs, aber noch längst nicht über den Berg“, betonte DRV-Chef Fiebig. Der DRV vertritt als Lobbyverband die Interessen der Pauschalreiseveranstalter und Reisebüros.
Deutsche Reisebranche holt auf – Aber hohe Inflation könnte Konsum bremsen
Quelle: Reuters
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