Frankfurt/Düsseldorf, 19. Aug (Reuters) – Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar sind die ohnehin schon stark gestiegenen Preise für Gas und Strom noch weiter in die Höhe geschossen. Die Bundesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, mit der die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen gesenkt werden soll. Bis 2024 will Deutschland unabhängig von russischen Gaslieferungen sein. Diese deckten 2021 rund 55 Prozent des Bedarfs. Auch wegen der Lieferkürzungen GazpromsGAZP.MMsank der Anteil bis Ende Juni auf 26 Prozent. Es folgt eine Übersicht der Maßnahmen.
FLÜSSIGGAS (LNG)
Schon im kommenden Winter sollen zwei schwimmende LNG-Anlagen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel einsatzbereit sein, um Importe von Flüssiggas ins deutsche Gasnetz einzuspeisen. Zusammen haben sie eine Kapazität von jährlich bis zu 12,5 Milliarden Kubikmeter. In Stade und Lubmin könnten zwei weitere dieser Anlagen zum Einsatz kommen, die wie auch die ersten später durch feste LNG-Terminals ersetzt werden könnten. In Lubmin ist darüber hinaus noch ein weiteres, rein privates, Terminal in der Planung, das noch dieses Jahr in Betrieb gehen soll. Über Lieferverträge spricht die Bundesregierung unter anderem mit Katar und Kanada. Deutsche Versorger haben bereits bestehende Vereinbarungen mit Katar, Australien und den USA.
UMLAGEN FÜR DIE GASVERBRAUCHER
Mit der Gasumlage und der Gasspeicherabgabe will der Bund die Verbraucher an den hohen Kosten für Gasimporte beteiligen. Große Gasimporteure wie UniperUN01.DE sollen vor einer Pleite bewahrt werden. Die Gasumlage soll ab Oktober bei 2,4 Cent je Kilowattstunde liegen, die Gasspeicherumlage bei 0,059 Cent. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeutet dies ohne Mehrwertsteuer zusätzliche Kosten von 480 Euro für die eine Gasumlage und weitere 13 Euro für die Speicherumlage. Die Bundesregierung will für eine Entlastung sorgen, in dem sie die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent von 19 Prozent senkt. Dies kostet dem Bund rund zehn Milliarden Euro.
KOHLE- UND ÖLKRAFTWERKE
Die Bundesregierung will alte Öl- und Kohlekraftwerke zum Einsatz bringen. Damit stünden Anlagen mit einer Kapazität von bis zu zehn Gigawatt zur Verfügung. Diese Möglichkeit ist befristet bis Ende März 2024.
ATOMKRAFTWERKE
Die Netzbetreiber prüfen derzeit im Auftrag der Bundesregierung, ob ein längerer Betrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke sinnvoll wäre. Sie decken hierzulande noch sechs Prozent des Strombedarfs. Bislang sollen der RWERWEG.DE-Meiler im Emsland, der EnBWEBKG.DE-Reaktor Neckarwestheim 2 und das E.ONEONGn.DE-Kernkraftwerk Isar 2 nach dem Gesetz zum Atomausstieg Ende Dezember 2022 abgeschaltet werden. Die Betreiber haben erklärt, dass für einen überschaubaren Zeitraum dies ohne neue Brennstäbe möglich wäre.
GASSPEICHER
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, die Speicher bis Oktober zu 85 Prozent zu befüllen und bis November um 95 Prozent. Am Freitag lag der Wert bei 78,2 Prozent. Das Gemeinschaftsunternehmen der Ferngasnetzbetreiber, Trading Hub Europe, hat von der Staatsbank KfWKFW.UL 15 Milliarden Euro erhalten, um bei der Befüllung Tempo zum machen.
UNIPER
Der Bund hat ein 15 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für den angeschlagenen Konzern auf den Weg gebracht. Danach will der Bund mit einem Anteil von 30 Prozent bei dem größten deutschen Gasimporteur einsteigen. Zudem hat er weitere Unterstützung zugesagt, sollte der operative Verlust Unipers durch die Lieferkürzungen Russlands und hohen Preise die Summe von sieben Milliarden Euro übersteigen.
ENERGIESPAREN/RATIONIERUNG
Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur appellieren an Verbraucher und Industrie, ihren Energieverbrauch zu senken – beim Gas um mindestens 20 Prozent. Sollte eine Gasnotlage ausgerufen werden, müsste die Bundesnetzagentur entscheiden, welche Unternehmen noch Gas bekommen und wieviel. Rund 2750 Unternehmen haben bereits Daten eingereicht. Die Bonner Behörde erstellt eine Abschaltliste. Dabei berücksichtigt sie etwa die Größe und Bedeutung des Unternehmens und die Höhe der Kosten, die durch eine Stillegung verursacht würde. Private Haushalte und Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Altenheime haben bei der Versorgung Priorität.
Maßnahmen Deutschlands zur Energie-Versorgung
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