Berlin, 04. Sep – Aus der deutschen Wirtschaft kommt Kritik am 65 Milliarden Euro schweren Entlastungspaket der Bundesregierung. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) findet die geplante Entlastung der Bürger zwar prinzipiell gut, sieht „erhebliche Mängel und Lücken“. „Aus Sicht der Wirtschaft sind die vorgestellten Maßnahmen enttäuschend und unkonkret“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Sonntag. „Immer mehr Betriebe und Unternehmen sind angesichts explodierender Gas- und Strompreise existentiell bedroht.“ Notwendig sei eine möglichst große Verbreiterung des Stromangebots durch den schnellen Hochlauf von Stein- und Braunkohlekraftwerken, die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke und die maximale Nutzung der Potenziale erneuerbarer Energien.
„Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses enthalten richtige Maßnahmen, sind in der Summe aus Sicht der deutschen Arbeitgeber jedoch enttäuschend“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Es sei richtig, dass die Bundesregierung soziale Härten auffange. Eine der wesentlichen Ursachen für die Inflation – die Energiepolitik – werde jedoch nicht konsequent angepackt. „Diese Ampel-Regierung hat offensichtlich nicht den Mut zu einer neuen Energiepolitik“, sagte Dulgar. „Die Ausweitung des Sozialstaates kann keine Antwort auf eine Kosten-Steigerung der Energiepreise auf dem Weltmarkt sein.“ Notwendig sei eine möglichst umfassende Verbreiterung des Stromangebotes, wozu auch die ehrliche Diskussion über eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken gehöre. „Eine Politik, die gerade einmal den Mut aufbringt Poolheizungen abzustellen, aber bei der Kernenergie tausende Gigawatt sausen lässt, überzeugt nicht“, sagte Dulger.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) kritisiert die aus seiner Sicht vielen kleinteiligen Maßnahmen. „Um es deutlich zu sagen: Jeder Cent der Entlastung hilft“, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. „Aber der große Wurf für die Wirtschaft ist es nicht. Er löst nicht die der Inflation zu Grunde liegenden Probleme.“ Die im Entlastungspaket angedeuteten Eingriffe in den Markt und die Höhe der weitestgehend unkonditionierten Hilfsmaßnahmen stimmten bedenklich. „Wir dürfen und können nicht jedes Preissignal aus dem Markt ausgleichen“, sagte Jandura. „Sonst geht seine Lenkungswirkung verloren und wir verlassen Schritt für Schritt den Boden der Marktwirtschaft.“ Die vorgesehene steuer- und abgabenfreie Bonuszahlung bis zu 3000 Euro sei in der jetzigen angespannten Lage eher eine Belastung, die viele Unternehmen kaum schultern werden könnten.
Kritische Stimmen kommen auch aus dem Handwerk. „Das Entlastungspaket der Regierung ist für unsere Handwerksbetriebe eher eine Enttäuschung“, sagte der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer. Es fehle schnelle Unterstützung angesichts „existenzieller Notrufe“ von Betrieben.
Wirtschaft kritisiert Entlastungspaket – „Der große Wurf ist es nicht“
Quelle: Reuters
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