Was 2017 mit süßen Katzencartoons, den Cryptokitties begann, hat sich mittlerweile zum Millionengeschäft entwickelt. Die bereits erzielten Erlöse im Rahmen von Transaktionen mittels Non Fungible Tokens (NFTs) erreichen bisweilen Verkaufsrekordsummen in unvorstellbaren Höhen.
So verkaufte der Twittergründer Jack Dorsey seinen ersten Tweet für 2,9 Mio. $, die NBA veräußerte Videos von besonders spektakulären Dunks z.B. von LeBron James, der für 200.000 $ weiterverkauft wurde und der Digital Artist Beeple verkaufte eine Bildcollage „Everydays: the First 5000 days“ für umgerechnet ca. 69,3 Mio. $. Die Anwendungsmöglichkeiten sind schier unerschöpflich. Auch immer mehr Prominente, wie Christiano Ronaldo oder Kings Of Leon, sind bereits in den Handel mit NFTs eingestiegen. So beläuft sich das Marktvolumen für das erste Halbjahr 2021 auf 2,5 Mrd. $.
Doch was genau sind „NFTs“? Was für Möglichkeiten bieten diese und wie sind sie rechtlich einzuordnen? Der folgende Artikel beschäftigt sich zunächst mit NFTs im faktischen Sinne und wie diese „funktionieren“.
Technische Grundlagen
Bei Non Fungible Tokens (NFTs) handelt es sich um kryptographische Tokens, wobei Kryptotoken allgemein einen Wert, einen Anspruch oder ein Recht darstellen. Grundsätzlich basieren Kryptotoken überwiegend auf der Distributed-Ledger-Technologie deren mitunter bekannteste Ausprägung die Blockchain ist. Diese stellt eine Datenbank vergleichbar mit einem Register dar, in welcher die Kryptotoken als spezifischer Datensatz abgebildet sind. Die Blockchain setzt sich aus mehreren miteinander verknüpften Datenblöcken zusammen.
Diese Datenblöcke stellen Datenbankeinträge dar, die zunächst jeweils Informationen insbesondere in Form des den Kryptotoken repräsentierenden, verschlüsselten, also manipulationssicheren, Datensatzes inklusive Informationen, wie insbesondere den sog. öffentliche Schlüssel (eine Art Kontonummer des Wallets des jeweiligen Inhabers), der dem jeweiligen Token die derzeitige Inhaberschaft zuordnet, enthalten.
Zusätzlich enthält ein solcher Datenblock auch einen Verweis auf den jeweils vorangegangen Block, der sich wiederum aus den spezifischen Daten des vorhergehenden Blocks zusammensetzt. Die dadurch entstehende „Verstrickung“ zwischen den jeweiligen Blöcken führt dazu, dass diese untrennbar miteinander verbunden sind und auf der Blockchain eine manipulationssichere Aneinanderreihung von Blöcken entsteht.
Neue Blöcke entstehen dadurch, dass bei einer Tokentransaktion, der den Token repräsentierende Datensatz auf der Blockchain dem Empfänger neu zugeordnet wird, indem dessen neue Inhaberschaft anhand verschlüsselter spezifischer Transaktionsinformationen, wie z.B. dem Zeitpunkt der Transaktion und dem öffentlichen Schlüssel des neuen Inhabers etc., der „Blockkette“ angehangen wird. So entsteht bei jeder Tokentransaktion ein neuer einzigartiger Block, sodass die Blockchain die gesamte Transaktionshistorie lückenlos dokumentiert.Die Kontrolle der auf der Blockchain hinterlegten Informationen erfolgt durch ein dezentrales sogenanntes „Peer-to-Peer-Netzwerk“. Im Gegensatz zu herkömmlichen zentral geführten Registern, wie dem vom Grundbuchamt geführten Grundbuch, werden Kopien dieser Datenbank auf verschiedenen Servern von mehreren Nutzern dezentralisiert gespeichert.
Neue Transaktionen werden dort nur hinterlegt, wenn die Mehrheit der „kontrollierenden“ Nutzer diese dadurch verifiziert hat, dass die gewünschte Transaktion dem bisherigen Blockchaineintrag entspricht, diese also z.B. durch den tatsächlich bisher in der Blockchain „eingetragenen“ Inhaber (öffentlicher Schlüssel) erfolgt, wodurch eine Manipulation der Blockchain im Vergleich zu einer zentralen Kontrolle ebenfalls erschwert wird.
Was sind NFTs und welchen Zweck haben diese?
Prinzipiell können Kryptotoken einen Wert, einen Anspruch oder ein Recht darstellen, weswegen Kryptotoken dementsprechend in die drei Kategorien des Currency-Tokens, der hauptsächlich gesetzliche Zahlungsmittel ersetzen soll, des Utility-Tokens, der vor allem einen digitalen Gutschein imitiert oder den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen ermöglicht, und des Investement-Tokens, der oftmals einen Unternehmensanteil mit Stimm- und/oder Gewinnbeteiligung darstellen soll (=Security-Token), aber worunter auch Asset-backed-Tokens fallen, die ein Recht an einem Vermögensgegenstand, wie z.B. das Eigentum oder den Besitz darstellen, untergliedert werden.
Gerade die letzte Kategorie der Investment- bzw. Asset-Tokens ist für die Betrachtung von NFTs interessant, da sie den bis dato wohl gängigsten Gebrauch von NFTs widerspiegelt. Eine weitere Differenzierung setzt am Kriterium der Fungibilität (=Austauschbarkeit) eines Krypto-Tokens an und grenzt NFTs am trennschärfsten von anderen Token ab.
Der wohl bekannteste Verwendungszweck von fungible Tokens ist der der Kryptowährung, wie z.B. Bitcoin oder Ether, die echte Währungen (Fiatgeld) imitieren, also ein digitales Zahlungsmittel darstellen. Dabei handelt es sich um wertreferenzierte Token, die als solche selbst einen bestimmten bezifferbaren Wert darstellen und dementsprechend untereinander problemlos austauschbar sind. Die Austauschbarkeit verhält sich wie bei Fiatgeld, d.h. sie können zwar hinsichtlich der Höhe ihres Referenzwertes unterschiedlich ausgestaltet sein, aber man kann diese wie einen Zehneuroschein entweder gegen einen anderen Zehneuroschein oder zwei Fünfeuroscheine „wertgleich“ tauschen.
Auf der anderen Seite stehen Non-fungible Tokens (NFTs). Diese können gerade nicht ohne Weiteres gegen einen anderen NFT „wertgleich“ untereinander ausgetauscht werden, denn sie sind nicht derart wertreferenziert, als dass sie schon als solche selbst werthaltig sind, sondern einen Vermögensgegenstand bzw. ein Recht an einem bestimmten Vermögensgegenstand darstellen aus dessen jeweiliger Werthaltigkeit sich deren eigener Wert erst ergibt bzw. von diesem Wert abhängt. NFTs zeichnen sich also nicht durch die Fungibilität, sondern vielmehr insbesondere durch ihre Einzigartigkeit aus, die es Ihnen gerade ermöglicht auch die verschiedensten ebenfalls einzigartigen digitalen oder auch realen Vermögenswerte abzubilden bzw. bei zweiteren das Recht an diesen in Form des Eigentums differenzierend darzustellen (s.o. Investement-Tokens).
Stärken und Schwächen bzw. Chancen und Risiken
Am Beispiel des Kunstmarktes lassen sich einige davon gut darstellen. Aufgrund der soeben angesprochenen Einzigartigkeit wurden NFTs anfänglich eingesetzt, um sie mit einer Datei aus dem Bereich der digitalen Kunst zu verknüpfen, wodurch das Problem angegangen wurde, dass Originale im Bereich der digitalen Kunst durch copy und paste problemlos vervielfacht werden können. Durch die Verknüpfung der „Ursprungsdatei“ eines Künstlers mit einem NFT kann das wahre Original anhand eines Echtheitszertifikats, ähnlich der Signatur eines Künstlers auf einem originalen realen Kunstwerk, authentifiziert werden, sodass Kopien digitaler Kunstwerke erkennbar sind. Aus dieser nachweisbaren Echtheit durch ein manipulationssicheres NFT resultiert eine erheblichen Wertsteigerung, die den Handel mit solchen „Originalen“ vernünftig ermöglicht.
Künstler können durch die Tokenisierung“, also die Abbildung anhand eines NFTs, dauerhaft auch im digitalen Bereich Originale nachweisbar „herstellen“, wertorientiert digitale, aber eben auch reale Kunstwerke veräußern und aufgrund der Unveränderbarkeit der Daten auf der Blockchain diebstahlsgeschützter als auf dem realen Kunstmarkt handeln. Es handelt sich also nicht lediglich um eine neue digitalisierte Form des Handels bereits bestehender Märkte, sondern vielmehr können sich auch digitale Märkte vollkommen neu etablieren.
Natürlich wird es immer Kunstsammler geben, die einem haptisch erfahrbaren realen Original gegenüber einer digitalen Version eines Kunstwerks den Vorzug geben. Allerdings braucht es durch die Tokensierung beispielsweise kein Auktionshaus mehr, um wertvolle reale Kunst professionell zu handeln, was Zeit und vor allem Kosten spart. Da es fast keinerlei Begrenzung hinsichtlich des Anwendungsbereichs, also der Tokenisierung anderer Vermögenswerte gibt, weil schlussendlich jede digitale oder reale Sache als NFT tokenisiert und dadurch in der digitalen Welt wertsteigernd „handelbar“ gemacht werden kann, kann man die im Kunstmarkt dargelegten Vorteile analog übertragen.
So sollen beispielsweise ganze Patent- und Grundbuchregister auf Grundlage der Blockchain abgebildet werden, um den tokenisierten Handel mit Patenten und Grundstücken ebenfalls allumfassend zu erschließen. Zudem für die jederzeitige Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen auf der Blockchain dazu, dass eine höhere Transparenz erzielt wird. Auf der anderen Seite werden NFTs üblicherweise mit Kryptowährung bezahlt, die selbst signifikanteren Kursschwankungen als eine Fiat-Währung unterliegt, also NFT-Transaktionen von vorneherein einer ganz anderen Preisdynamik unterliegen, was das Risiko des totalen Wertverlusts erhöht, selbst wenn das NFT wertstabil ist, aber die zugrunde liegende Kryptowährung massiv an Wert verliert.
Die größten Nachteile im Handel mit NFTs liegen derzeit in der Intransparenz, die mitunter auch durch die bis dato fehlende Regulierung hervorgerufen wird sowie der Anonymität im digitalen Bereich, die verschiedenste Risiken birgt.
Außerdem wird durch die dezentrale Kontrolle die Verifizierung von Transaktionen auf mehrere Akteure verteilt, wodurch diesbezügliche Vorgänge schneller und effizienter als durch ein einziges zentrales Register abgewickelt werden können.Hinsichtlich der Manipulationssicherheit bleibt jedoch zu beachten, dass die Verkettung der Blöcke und zeitgleiche Speicherung auf mehreren Servern es bei entsprechend hoher vorhandener Rechenleistung durchaus möglich bleiben lassen die Daten der Blockchain zu verändern. Gerade die im Rahmen dieses Artikels herausgearbeiteten Vorteile, die dem NFT-Markt potenziell dauerhafte, langfristige Bedeutung im wirtschaftlichen Verkehr beizumessen geeignet sind, die rasant ansteigende Marktkapitalisierung dieses innovativen Bereichs durch den stetig wachsenden Handel mit NFTs und die mit NFTs verbundenen Risiken, machen eine rechtliche Auseinandersetzung in den unterschiedlichen Rechtsgebieten erforderlich.
Diese erfolgt in den folgenden Beiträgen, die sich mit zivilrechtlichen Eigentumsfragen rund um NFTs, mit aufsichts- sowie kapitalmarktrechtlichen Regulierungen des Marktes, wenn man NFTs aus Anlagezwecken hält und die die Fortsetzung des derzeitigen Wachstums in einem möglichst transparenten und mitunter verbraucherschützenden Rahmen fördern soll, mit urheberrechtlichen Fragestellungen gerade vor dem Hintergrund des digitalen Kunstmarktes und zu guter Letzt mit einer steuerrechtlichen Einordnung befassen werden.
Was sind Non Fungible Tokens?
Ein Gastbeitrag von Arno Kampmann und Alexander Lindl.
Autorenbeschreibung:
Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, ist Partner der Kölner Kanzlei LHR und Autor, Mentor und Experte für Marken-, Wettbewerbs-, und Urheber- und Medienrecht.
Alexander Lindl (LL. M.) studiert Jura in Köln und ist bei LHR als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.