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Warum sich die Europäer über das US-Subventionspaket ärgern

Paris/Berlin, 01. Dez – Der französische Präsident Emmanuel Macron will seinen Staatsbesuch in Washington nutzen, um die Bedenken der EU gegen das riesige neue US-Subventionspaket für grüne Energie vorzubringen. Die EU-Länder begrüßen zwar das neue Engagement Washingtons für die Energiewende durch den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA). Aber sie befürchten, dass das 430 Milliarden Dollar schwere Gesetz für die Energiesicherheit und die Bekämpfung des Klimawandels in den USA europäische Unternehmen benachteiligt und zur Abwanderung in die USA führt. 

WARUM IST EUROPA VERÄRGERT?

Stein des Anstoßes sind dabei sogenannte Lokalisierungs-Vorschriften. So werden US-Steuererleichterungen für Technologien für erneuerbare Energien wie Elektroautos daran gebunden, dass Komponenten in Nordamerika hergestellt werden. Allein 200 Milliarden Euro (207 Milliarden Dollar) des Gesamtpakets sind etwa an die Bedingung geknüpft, dass etwa der Kauf von E-Autos nur subventioniert wird, wenn ihre Batterien in Nordamerika hergestellt werden.

Kommen die Batterien etwa aus Asien, wie bei einer Vielzahl europäischer E-Autos, kann der Kauf in den USA nicht gefördert werden. Auch deshalb investieren deutsche Konzerne jetzt in Kanada. Nach Informationen von Reuters startet etwa Volkswagen die Suche nach einem geeigneten Standort für eine erste Batteriezellfabrik in Nordamerika. Die EU vermutet, dass die US-Vorschriften gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstößt.

Bisher verhindern die EU-Beihilfevorschriften, dass EU-Länder Unternehmen, die sich in Europa niederlassen wollen, genauso großzügige Steuererleichterungen gewähren wie die US-Regierung dies in den Vereinigten Staaten tut. Zwar werden auch hierzulande etwa die Ansiedlung von Chip-Fabriken wie von IntelINTC.O in Magdeburg mit Milliardenbeträgen gefördert. Doch die Summen in den USA, wo es noch andere milliardenschwere Investitionshilfen für den Halbleiter-Sektor und Infrastruktur gibt, übersteigen die europäischen Subventionen erheblich. 

Die EU ist übrigens nicht der einzige Verbündete Washingtons, der sich über das IRA-Paket ärgert. Auch Südkorea befürchtet, dass seine Autohersteller nicht in den Genuss der US-Steuererleichterungen kommen werden.

WAS WILL EUROPA?

Da der Inflation Reduction Act im August beschlossen wurde, wird nicht mit einer umfassenden Überarbeitung durch den US-Kongress gerechnet. Die Hoffnung für europäische Regierungen besteht darin, Ausnahmeregelungen zu erhalten, wie sie für Kanada und Mexiko bereits gelten. „Übrigens sagen auch die amerikanischen Gewerkschaften, dass man einen Unterschied machen muss zwischen Autos, die in China hergestellt werden, und denen, die in Deutschland mit unseren Tarif-Bedingungen produziert werden“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil zu Reuters. Im Klartext: Die Europäer könnten besänftigt werden, wenn die IRA-Förderung etwa auch für importierte E-Autos aus Europa gelten würde.

Die EU-Kommission und das Weiße Haus haben eine hochrangige Arbeitsgruppe für Gespräche eingerichtet, die kommende Woche tagen soll. Frankreichs Präsident Macron will seinen politischen Einfluss nutzen, um bei seinem Staatsbesuch auf höchster Ebene für Ausnahmeregelungen zu werben. Die EU-Regierungen wollen eine rasche Lösung, möglicherweise mit einer Vereinbarung, die bei einem Treffen des EU-US-Handels- und Technologierates am 5. Dezember getroffen werden könnte. 

Derzeit überwiegt in Europa die Hoffnung, dass keine neuen Handelsspannungen die transatlantischen Beziehungen beschädigen wie zu Zeiten von US-Präsident Donald Trump. Für den Fall mangelnder Kooperation Washingtons wird in der EU aber eine Klage bei der WTO erwogen. Der in Paris vehement geforderte Gegenschlag aus Europa würde jedoch zumindest auf den Widerstand von traditionell freihandelsfreundlichen EU-Ländern wie den Niederlanden und Schweden stoßen. 

KANN EUROPA AUCH SEINE UNTERNEHMEN UNTERSTÜTZEN?

Frankreich hat sich auch an die Spitze der Forderungen gestellt, Europa solle mit verstärkter staatlicher Unterstützung eigener Unternehmen reagieren, unter anderem durch einen „Buy European Act“ und umfangreiche Subventionen. In Deutschland hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüner) vorgeschlagen, im Konfliktfall in der EU Quoten festzulegen, wieviel eines bestimmten Produkts in der EU produziert werden muss – wie etwa bei Halbleitern. Diese Position ist aber in der Bundesregierung umstritten. Im Kanzleramt und in der SPD wird deutlich vor einem Subventionswettlauf und einem Handelskrieg mit den USA gewarnt. 

Kanzler Olaf Scholz hat darauf verwiesen, dass große Teile des 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfspakets der EU immer noch nicht ausgegeben seien und nun für Investitionen in Zukunftsbereiche verwendet werden könnten. Die europäischen Regierungen können auch Ressourcen bündeln, um grenzüberschreitende Projekte verstärkt zu subventionieren, die im allgemeinen Interesse der EU liegen. Dies tun sie bereits im Halbleiter- und Batterie-Sektor. Die Genehmigung solcher Initiativen nach dem europäischen Beihilferecht durch die EU-Kommission kann sich aber als langwierig und kompliziert erweisen. Deshalb haben sowohl Berlin als auch Paris in der vergangenen Woche gefordert, Genehmigungsverfahren zu straffen und zu beschleunigen.

Warum sich die Europäer über das US-Subventionspaket ärgern

Quelle: Reuters

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