Donnerstag, März 28, 2024
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Von heute auf morgen?

Warum schnelle Einsparung bei der Industrie kaum möglich erscheinen

Nun steht der Winter vor der Tür und die aktuelle Gaskrise ist aufgrund des anhaltenden Ukraine-Konflikts noch nicht vollständig behoben. Ganz Deutschland hat sich daher dem Ziel des Sparens verschrieben und versucht in allen Lebensbereichen so wenig Gas und Strom wie möglich zu verbrauchen. 

Dabei scheint eine moderne Gesellschaft ohne Energie kaum noch vorstellbar. Von der täglichen Wärme über die Produktion bis zur Medizin, überall gehören Strom und der Energieträger Gas zum Alltag. Haushalte, Handel, Gewerbe und Industrie: Alle müssen unter der derzeitigen Situation leiden und für sich selbst nach Lösungen suchen, um die nächste Zeit ohne zu starke Rückschläge zu überstehen. 

Wo lässt sich beispielsweise Gas einsparen oder ersetzen? Zuallererst braucht es eine strenge Sparmentalität sowie eine Reihe an Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren und somit die Absicherung der Zukunft. Dabei lassen sich laut der Bundesregierung unter anderem schon fast 20 Prozent des Gesamtverbrauchs kurzfristig durch andere Energieträger ersetzen oder komplett einsparen1. 

Viel Potenzial bei Privathaushalten

An welchen Stellen lässt sich der Erdgasverbrauch nachhaltig reduzieren? Und wie bleibt die Versorgung auf lange Sicht gewährleistet, um am Ende nicht in eine erneute Abhängigkeit zu rutschen? Einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zufolge haben vor allem Privathaushalte in Deutschland die größte Chance, in solch einem kurzen Zeitrahmen eine wirklich entscheidende Menge an Gas einzusparen. 

Hierzulande nutzen fast 21 Millionen Haushalte aktuell Erdgas für ihre Heizungen oder die Warmwasserzufuhr, wobei die Raumwärme hierbei mit fast 80 Prozent zu Buche schlägt. Damit sind Privatkundinnen und -kunden in der Kombination mit dem Gewerbe, dem Handel sowie dem Dienstleistungssektor für fast die Hälfte des gesamten hiesigen Verbrauchs zuständig. Diese Gewichtung erweist sich als ein wichtiger Hebel in Bezug auf die momentane Lage. Viele müssen aufgrund der hohen Energiepreise den Gürtel etwas enger schnallen und drehen daher die Heizung diesen Winter nicht bis zum Anschlag auf. Damit sparen sie schon unbewusst eine große Menge des begrenzten Gases ein.

Sparmöglichkeiten bei der Industrie?

Nicht nur die Privathaushalte ächzen unter den hohen Gas- und Strompreisen, sondern auch die deutsche Industrie hat mit der aktuellen Situation zu kämpfen. Viele Unternehmen versuchen an allen möglichen Ecken Energie einzusparen, jedoch existieren in diesem Bereich auf kurze oder mittelfristige Sicht kaum Einsparpotenziale. Zwar geht fast ein Viertel des deutschlandweiten Erdgasverbrauchs an die heimische Industrie, aber in den nächsten paar Monaten kann dieser Sektor ohne große Neuinvestitionen kaum einen entscheidenden Beitrag zur Senkung leisten. 

Viele Unternehmen nutzen das Erdgas beispielsweise zur Erzeugung von hohen Temperaturen in ihrer Fertigung und die dabei verwendete Technologie lässt sich nicht so einfach durch strom- beziehungsweise ölbasierte Systeme ersetzen. Besonders die Chemieindustrie verwendet die Substanz aber auch als Rohstoff in einigen Prozessen. Im schlimmsten Fall droht hier bei Gasmengenreduzierungen sonst sogar die Gefahr von Produktionseinschränkungen, Betriebsstilllegung oder längeren Lieferkettenverzögerungen.  

Radikaler Umbau für die Zukunft

Im Zuge der weiterhin unsicheren Lage am Markt und des anhaltenden Energiehungers der Privathaushalte und Industrie bleibt Deutschland sowie der hiesigen Wirtschaft keine andere Möglichkeit, als weiter in den Ausbau der Erneuerbaren zu investieren. Auch wenn der Winter überstanden ist, braucht es hierzulande eine langfristige Perspektive für die nächsten Jahre. Diese bieten in Zeiten des Klimawandels und der unsicheren globalen Lage jedoch selbstverständlich nicht die fossilen oder atomaren Energien. 

Für eine sichere Versorgung bedarf es neben der stetigen Konstruktion von neuen Photovoltaik- und Windkraftanlagen auch der verstärkten Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen oder Wasserstoff, der Bereitstellung von Speichersystemen sowie des Aus- und Umbaus von deutschen Netzen. Selbst mit diesen Anpassungen und einem von der Branche geforderten Aufbau einer deutschen Photovoltaik- und Windkraftindustrie bleibt aber noch einiges zu tun. Um diese selbst gesetzten Ziele zu erreichen, muss die Politik nun endlich die Weichen stellen. 

Autor:

Diplom-Kaufmann Thomas Schoy ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Privates Institut. Als einer der ersten Investmentberater konzentrierte er sich auf das Thema erneuerbare Energien und setzte unter anderem Beteiligungsmodelle für Offshore-Windparks um. 

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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