Samstag, November 16, 2024
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Warum die Inflation im Jahresverlauf zurückgeht

Ein Kommentar von Francis Scotland, Leiter Global Macro Research bei Brandywine Global, Teil von Franklin Templeton:

Mittlerweile erscheint eine Rezession anstelle einer deutlichen Verlangsamung der Realwirtschaft in der ersten Jahreshälfte sehr viel wahrscheinlicher, wenn nicht sogar wahrscheinlich. Dies hat verschiedene Gründe. China befindet sich aufgrund der Art und Weise, wie es mit den Omikron-Ausbrüchen umgeht, bereits in einer selbst herbeigeführten Rezession. Angesichts der hohen Ansteckungsgefahr von Omikron und der rigiden Vorgehensweise der Kommunistischen Partei Chinas beim Umgang mit dem Virus könnte die Wirtschaft noch eine ganze Weile auf der Stelle treten.

Fiskalische Anreize werden nicht funktionieren, wenn die Menschen nicht aus ihren Häusern herauskommen können. Europa befindet sich bereits am Rande einer Rezession, wenn nicht sogar schon in einer solchen, und zwar aufgrund der energiebezogenen Folgen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.

Angesichts dieser Lage ist es zudem schwer vorstellbar, dass die US-Wirtschaft in den nächsten Monaten nicht zumindest eine Abschwächung, vielleicht sogar eine kurze Rezession erleben könnte, wobei der Dollar oder das Handelsdefizit als Anpassungsventil fungieren könnten. Dies und die durch die Inflation verursachte Erosion der Realeinkommen werden unserer Meinung nach die US-Konjunktur abwürgen und sie auf den derzeit ziemlich düsteren globalen Wachstumspfad bringen. Da sich die US-Notenbank nun darauf konzentriert, die Preisinflation zu verringern, und sich die Realwirtschaft gleichzeitig verlangsamt, wird das Wachstum der Unternehmenseinnahmen bei vielen Unternehmen deutlich zurückgehen.

Parallel dazu wird der Kostendruck weiter bestehen bleiben. Wir haben wahrscheinlich den Punkt erreicht, in der die Unternehmen die Preise nicht mehr erhöhen können, um ihre Margen vor steigenden Kosten zu schützen. Stattdessen werden sie anfangen, die Kosten zu senken, wo sie können. Und das ist in einer Angebotskrise in der Regel der Arbeitsmarkt. All diese Ereignisse bedeuten meiner Meinung nach, dass die Intensität des Wirtschaftsabschwungs zunehmen wird. Das bedeutet aber auch, dass die Aussicht auf einen deutlichen Rückgang der Inflation im weiteren Verlauf des Jahres besteht.

Faktor Energiepreise und die Rolle der Fed

Damit der Anstieg der Energiepreise nicht doch zu einem allgemeinen Anstieg der Inflation und der Lohnerwartungen führt, muss die Fed an anderer Stelle im System einen ausgleichenden Preisrückgang bewirken. Das ist notwendig, damit der Durchschnitt konstant bleibt. Die Lehre aus den Angebotsschocks in den 1970er und frühen 1980er Jahren zeigen, dass die Fed zunächst zu langsam reagierte, dann aber doch noch wirksam wurde, allerdings nicht ohne einige wirklich schlimme Rezessionen zu verursachen.

Es wäre also sehr hilfreich für die Fed und die Vermögensmärkte, wenn sich einige dieser angebotsbezogenen Faktoren, die die Preise und die Inflation in die Höhe treiben, verbessern würden. Allerdings gibt es kaum Anzeichen für eine baldige Lösung des ukrainisch-russischen Krieges, der zum Anstieg der Energiepreise beiträgt. Und Präsident Xi scheint nicht von den extremen Maßnahmen abzurücken, die die Kommunistische Partei Chinas zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus ergreift.

Die Fed ist sich der Klemme, in der sie steckt, sehr wohl bewusst. Der Druck auf die Fed kommt im Moment aus allen Richtungen. Die Politiker wollen eine niedrigere Inflation. Die Wächter der Anleihen wünschen sich, dass die Fed einige Zinserhöhungen um 75 Basispunkte vornimmt, um den Rückstand schneller aufzuholen.

Aber nachdem man sich im letzten Jahr darauf konzentriert hat, das untere Ende der Einkommenskurve an der Erholung von der Pandemie teilhaben zu lassen, und angesichts der bevorstehenden Zwischenwahlen besteht auch ein großer politischer Druck, die Arbeitslosigkeit nicht steigen zu lassen. In der Pressekonferenz nach der letzten FOMC-Sitzung deutete einiges darauf hin, dass sich der Vorsitzende Powell des schmalen Grats, auf dem er sich bewegt, und des Risikos einer Überreaktion bewusst ist.

So lehnte er zum Beispiel zunächst die Anhebung des Zinssatzes um 75 Basispunkte als Teil des Normalisierungsprozesses ab. Damit hat er es vermieden, eine unmittelbar bevorstehende, möglicherweise größere Rezession zu provozieren, indem er eine Deflation von Vermögenswerten auf den Kapitalmärkten verursacht. Zweitens sprach er über die Notwendigkeit, offene Stellen abzubauen, ohne die Beschäftigung zu beeinträchtigen. Ganz offensichtlich ist er sich bewusst, dass diese Umstände die Arbeitslosigkeit in die Höhe treiben können.

Und er sprach sich nicht für eine starke Überschreitung des neutralen Zinssatzes aus, sondern argumentierte stattdessen, dass die Fed sehen wird, wie die Dinge aussehen, wenn sie dort ankommen. Wenn also das skizzierte makroökonomische Szenario über den Konjunkturzyklus zutrifft, könnten sich die USA im September dieses Jahres viel mehr Sorgen über eine Rezession als über eine Inflation machen.

Warum die Inflation im Jahresverlauf zurückgeht

Foto von Francis Scotland (Quelle: Brandywine / Franklin Templeton)

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