Frankfurt, 29. Apr – Die US-Notenbank wird aufgrund eingetrübter Wachstumsaussichten und der Banken-Turbulenzen bei ihrer Zinspolitik wohl auf ein vorsichtigeres Vorgehen umschwenken. Viele Volkswirte erwarten, dass die Fed um ihren Chef Jerome Powell auf ihrer zweitägigen Sitzung kommende Woche den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte anheben – und danach womöglich erstmal eine Zinspause einlegen. Die Fed hat im Kampf gegen die hohe Inflation den Leitzins seit März 2022 von nahezu null auf 4,75 bis 5,00 Prozent gehievt. Die Dollar-Wächter werden ihren Zinsbeschluss am Mittwoch verkünden.
„Es ist unwahrscheinlich, dass das Wiederaufleben des Stresses im Bankensektor die Fed aus der Bahn werfen wird“, meinen die Volkswirte der Investmentbank-Sparte der Bank of America. Denn dieser konzentriere sich auf ein bis wenige Institute. „Ein weit ausgedehnter Bankenstress wäre wahrscheinlich nötig, um in der nächsten Woche eine Anhebung um 25 Basispunkte zu Fall zu bringen,“ glauben die Experten. Sie erwarten allerdings, dass die Fed danach für Juni eine Zinspause signalisieren wird. Der jüngste Ausverkauf bei Aktien der Krisenbank First Republic hatte zuletzt die Sorgen um die Stabilität des US-Finanzsektors wiederaufflammen lassen.
Für eine Zinsanhebung kommende Woche sprechen die jüngsten Inflationsdaten. Ein Maß, auf das die US-Notenbank besonders achtet, sind die persönlichen Verbraucherausgaben. Dabei bleiben die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiekosten außen vor. Dieser PCE-Kernindex ging im März nur leicht von 4,7 auf 4,6 Prozent zurück. Was am Inflationsbericht heraussteche sei der frustrierend langsame Rückgang der Kerninflation, sagte Marktanalyst Joe Manimbo vom Währungsspezialisten Convera. Die Fed strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an.
Die meisten Mitglieder der Fed waren zuletzt der Auffassung, dass nach dem Zinserhöhungsstakkato der vergangenen Monate eine weitere Zinsanhebung im Mai auf eine Spanne zwischen 5,0 und 5,25 Prozent ausreichen könnte. Die Fed hatte auf ihrem März-Treffen eine Passage aus ihrem Text gestrichen, wonach weitere Zinserhöhungen angemessen sein dürften. Stattdessen hielt sie nur noch eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung für womöglich angebracht. Fed-Chef Powell hatte zudem betont, dass sich die Notenbank nun von Sitzung zu Sitzung vortasten werde. Dabei behalte sie auch die Auswirkungen des Bankenbebens auf die Kreditvergabebedingungen im Auge.
US-WIRTSCHAFT SCHWÄCHELT DEUTLICH
Von Reuters befragte Volkswirte waren zuletzt mehrheitlich davon ausgegangen, dass die Fed nach der Mai-Sitzung die Zinsen bis mindestens zum Jahrswechsel stabil halten wird. Rund ein Viertel der Befragten rechnete sogar bis dahin bereits mit einer ersten Zinssenkung. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist anderer Ansicht. Nach einer Zinserhöhung nächste Woche erwartet er einen weiteren Schritt nach oben auf ein Leitzinsniveau von dann 5,50 Prozent. „Schließlich hat die Fed im Kampf gegen die Inflation noch keinen durchschlagenden Erfolg erzielt“, sagte er. „Wegen des weiterhin hohen unterliegenden Inflationsdrucks dürfte die Fed auch nicht wie vom Finanzmarkt erwartet bereits im zweiten Halbjahr mit raschen Zinssenkungen auf die prognostizierte Rezession reagieren.“
Im ersten Quartal hat sich das Wachstum der US-Wirtschaft mehr als halbiert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Januar bis März aufs Jahr hochgerechnet nur noch um 1,1 Prozent zu. Häusermarkt und Investitionen schwächelten auch angesichts der Serie von Zinserhöhungen. Im Schlussquartal 2022 hatte es noch zu einem Wachstum von 2,6 Prozent gereicht. Die Wirtschaft habe sich erheblich abgeschwächt und es sei möglich, dass sie sich bereits in einer leichten Rezession befinde, meint Peter Cardillo, Chef-Marktökonom bei Spartan Capital Securities. Seine Prognose: „Die Fed wird also wahrscheinlich signalisieren, dass wir uns dem Ende des Straffungszyklus nähern.“
Vorschau: Nach erneuter Zinserhöhung vorsichtigere Gangart der Fed erwartet
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Pexels auf Pixabay
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