Washington/Berlin, 17. Mrz – Inmitten der weiter schwelenden Bankenkrise in den USA muss die Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Zinskurs abstecken. Für die Sitzung am Mittwoch gilt eine kleine Erhöhung um einen Viertel-Prozentpunkt als ein wahrscheinliches Szenario. Damit würde die Fed ebenso auf Kurs bleiben wie die Europäische Zentralbank (EZB), die trotz der Turbulenzen um die Großbank Credit SuisseCSGN.S ihre avisierte Zinserhöhung durchgezogen hat.
„Ich habe den Eindruck, dass das Basisszenario der Fed darin besteht, die Zinssätze weiter anzuheben, insbesondere angesichts der Zinserhöhung der EZB um 50 Basispunkte“, so Erik Weisman, Chief Economist und Portfoliomanager bei MFS Investment Management. Doch handele es sich um eine höchst unsichere und sich rasch entwickelnde Situation: „Die Bedingungen könnten sich verschlechtern, was die Fed zwingen könnte, auf ihrer Sitzung am 22. März zumindest vorübergehend eine Pause einzulegen.“
Die in den USA gehäuft aufgetretenen Probleme von Regionalbanken wie der Pleite gegangenen kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) zeigen die Nebenwirkungen der starken Fed-Medizin zur Bekämpfung der Inflation. Die Fed hatte die Leitzinsspanne binnen weniger als zwölf Monaten von nahe Null bis auf den gegenwärtigen Stand von 4,5 bis 4,75 Prozent nach oben geschleust.
Zur Nervosität an den Finanzmärkten trug zuletzt bei, dass die Credit Suisse trotz einer Stützungsaktion der Schweizer Zentralbank nicht zur Ruhe kam. Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner erwartet trotz aller Turbulenzen, dass die Fed Kurs hält und die Zinsen moderat anhebt. Er verweist darauf, dass die Fed zur Monatsmitte fast 320 Milliarden Dollar an Krediten auswies, die sie an das Bankensystem vergeben hatte. „Mit der Bereitstellung zusätzlicher Liquidität will die Fed die Probleme im Bankensystem mildern“, so der Experte. Damit wolle die Notenbank auch vermeiden, dass diese Probleme sie bei der Bekämpfung der überhöhten Inflation behinderten: „Anders ausgedrückt soll die Liquiditätszufuhr der Fed die Möglichkeit für eine Zinserhöhung offenhalten.“
ZINSAUSBLICK IM FOKUS
Auch wenn die Teuerungsrate im Februar auf 6,0 Prozent gefallen ist, liegt das Ziel der Zentralbank von 2,0 Prozent noch in weiter Ferne. Notenbankchef Jerome Powell hatte jüngst betont, er erwarte einen langen und steinigen Weg, bis die Inflation zum Zielwert der Notenbank zurückkehrt.
Ende vorigen Jahres hatten die Währungshüter in ihrem Zinsausblick im Mittel ein geldpolitisches Niveau von 5,1 Prozent signalisiert. Nun legen die Fed-Führungsmitglieder in dem für Zinspolitik zuständigen Ausschuss (FOMC) neue Projektionen vor: „Wir gehen davon aus, dass die FOMC-Mitglieder das Risiko eingehen, die Märkte zu enttäuschen und mindestens bis ins Jahr 2024 stabile Leitzinsen, vielleicht sogar einen über die Werte der Dezember-Projektion hinausgehenden Zinsgipfel in Aussicht stellen werden“, so Helaba-Ökonom Patrick Franke.
Jetzt eine Zinspause auszurufen, wäre aus Sicht der BayernLB-Ökonomen Roland Gnan und Gebhard Stadler ein falsches Signal. „Eine abrupte Zinspause würde die Märkte erneut verunsichern, die Ansteckungsrisiken verschärfen und die bisherigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensektors untergraben.“ Fed-Chef Powell dürfte laut den Experten die Stabilität des Bankensektors bekräftigen und zugleich die Bereitschaft für weitere Stützungsmaßnahmen signalisieren.
Frankfurt, 17. Mrz – Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor dürften die Dax-Anleger auch in der neuen Handelswoche auf Trab halten. In den vergangenen Tagen hatten der Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) und die Krise bei der Credit Suisse die Märkte auf eine Berg- und Talfahrt geschickt. In der abgelaufenen Woche kam der Dax bis Freitagmittag auf ein Minus von rund drei Prozent und pendelte um die 15.000-Punkte-Marke. Experten zufolge könnte sich der Abwärtstrend erst einmal fortsetzen. „In der unsicheren Gemengelage und mit der Sitzung der US-Notenbank Fed vor der Tür ist eine nachhaltige Erholung (…) eher unwahrscheinlich“, prognostiziert Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Broker CMC Markets.
Anleger rätseln wie sich die Fed angesichts des Bebens im US-Bankensektors auf ihrer Zinssitzung am Mittwoch positionieren wird. Aktuell werde der US-Notenbank nur noch ein kleiner Zinsschritt um 25 Basispunkte zugetraut, heißt es in einem Kommentar der Commerzbank. Noch vor wenigen Tagen hatte Notenbankchef Jerome Powell das Signal ausgesendet, dass die Fed im Kampf gegen die ausufernde Inflation die Zügel womöglich stärker anziehen müsste. Nach einer geldpolitischen Straffungsserie liegt die Leitzinsspanne derzeit in den USA bei 4,50 bis 4,75 Prozent.
NOTENBANKEN IN DER ZWICKMÜHLE
Die Notenbanker dies- und jenseits des Atlantiks stehen derzeit vor einem Dilemma: „Während die Kapitalmärkte auf ein Ende der Leitzinserhöhungen und eine bessere Liquiditätsversorgung hoffen, erfordert die nach wie vor viel zu hohe Inflation eine Fortsetzung des restriktiven geldpolitischen Kurses“, stellen die Analysten des Finanzhauses Marcard, Stein & Co fest. Ein zu abrupter Kurswechsel in der Geldpolitik könne zudem die Sorgen an den Finanzmärkten um die Stabilität des Bankensektors weiter schüren, meinen die Experten.
Die EZB hatte sich am Donnerstag nicht beirren lassen und den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 3,50 Prozent erhöht. Den weiteren Kurs im Kampf gegen die Teuerung ließen die Notenbanker allerdings offen. Geldpolitische Entscheidungen stehen in der neuen Woche ebenfalls in Großbritannien und der Schweiz an: Der britische Notenbankchef Andrew Bailey hielt sich bislang bedeckt, ob die Zinszügel nach zehn Straffungen in Folge am Donnerstag weiter angezogen werden. Die Bank of England hatte den Leitzins im Februar um einen halben Punkt auf 4,0 Prozent angehoben.
Spannend dürfte es am 23. März ebenfalls bei der Schweizer Nationalbank (SNB) werden, die der angeschlagenen Credit Suisse in der alten Woche unter die Arme gegriffen hat. „Unter normalen Umständen würde die SNB wohl nächste Woche ihren Leitzins ebenfalls ein weiteres Mal anheben“, meint Commerzbank-Analystin You-Na Park-Heger. Angesichts der jüngsten Ereignisse könnte die SNB jedoch möglicherweise auch stillhalten – zumal die Inflationsrate in der Schweiz deutlich niedriger liege als zum Beispiel in der Eurozone.
ZEW-INDEX AUF DER AGENDA
Neben den Zentralbanken dürften in der neuen Woche auch Konjunkturdaten in den Fokus rücken. Das Barometer des Mannheimer ZEW-Instituts zeigt am Dienstag, wie Börsenprofis im März auf die Konjunktur blicken. Zuletzt war das Barometer zur Einschätzung der Lage in den nächsten sechs Monaten den fünften Monat in Folge gestiegen. Am Freitag stehen die Einkaufsmanagerindizes aus dem Euroraum im Terminkalender. Auf der Unternehmensseite lassen sich unter anderem RWE und der Abfüllanlagenbauer Krones in ihre Bücher schauen.
Vorschau: Fed-Sitzung und Banken-Turbulenzen verunsichern Dax-Anleger
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von ddzphoto auf Pixabay
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