Dienstag, April 23, 2024
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Von „vernünftig“ bis „Wümmschen“ – Geteiltes Echo auf Ampel-Paket

Berlin, 29. Mrz – Lob von Ökonomen, geteiltes Echo in der Wirtschaft, scharfe Kritik von Klimaschützern: Das von den Ampel-Parteien nach langem Ringen beschlossene Reformpaket ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. „In den Verhandlungen wurden für eine Reihe von strittigen Themen pragmatische und vernünftige Lösungen gefunden“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

So solle der Ausbau der Schiene mit einer Erhöhung der Lkw-Maut finanziert werden. Eine Beschleunigung solle es nicht nur beim Schienennetz-, sondern auch beim Autobahnausbau geben, der Fokus bei Letzterem aber auf Erhalt und Sanierung gelegt werden. „Das ist eine sehr vernünftige Schwerpunktsetzung.“ Auch beim Thema Gebäudeenergieeffizienz sei eine gute Lösung gefunden worden, die grundsätzlich auf ein Verbot von fossilen Heizungsanlagen setze. Zugleich würden unbillige Härten vermieden – etwa durch Übergangszeiträume sowie die Berücksichtigung von sozialen Aspekten. „Jetzt kommt es auf die Konkretisierung im Gesetzentwurf an“, sagte Schnitzer.

Ähnlich sieht das Jens Südekum, der im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sitzt. „Insgesamt hat sich die Nachtsitzung der Ampel gelohnt“, sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Sie hat viele sinnvolle Maßnahmen auf den Weg gebracht, die bisweilen unspektakulär, technokratisch, fast dröge daherkommen, die aber für effektiven Klimaschutz dafür umso wichtiger sind.“ Es sei kein neues schuldenfinanziertes Großpaket geschnürt worden, mit dem jeder der drei Ampel-Partner seine Lieblingsprojekte hätte finanzieren können. „Wer auf einen großen Klimawumms gehofft hatte, der wurde vielleicht enttäuscht“, sagte Südekum.

Die Koalition habe beim geplanten Ausbau des Schienennetzes und bei wichtigen Straßenbauvorhaben ein überragendes öffentliches Interesse festgestellt, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer und fügte hinzu: „Diese Feststellung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, weil sie Abwägungsentscheidungen der Behörden und Gerichte in der Regel zugunsten eines schnelleren Baus ausfallen lässt.“ Deutschland brauche eine massive Beschleunigung bei der Genehmigung von Stromleitungen, Wasserstoffpipelines, Industrieanlagen und anderen Infrastrukturprojekten, um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen.

„ÜBERFÄLLIGE ENTSCHEIDUNG“

„Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, sprach von einem „positiven Signal“ für die Wirtschaft. „Vieles davon geht in die richtige Richtung: Schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren auch bei den vielen Engpässen auf Autobahnen, mehr Geld für die Schiene sowie ein höheres Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien sind gute Vorhaben für Deutschlands Unternehmen“, sagte Adrian. Allerdings bleibe die geplante Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren auf halbem Weg stecken, weil die Koalition sie auf ausgewählte Bereiche beschränke.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert, dass die Einigung schnell in Gesetze gegossen werde. „Zuständigkeits- und Kompetenzstreitigkeiten darf sich unser Land nicht weiter leisten“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Insgesamt ebne die Koalition aber den Weg für marktwirtschaftliche, technologieoffene Lösungen als Treiber für eine gelingende Klimapolitik.

Scharfe Kritik kommt dagegen von der Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“. „Eine Woche nachdem der Weltklimarat deutlich gemacht hat, dass die Welt an einem dramatischen Kipppunkt steht, hat die Ampel beschlossen, so zu tun, als sei ihr das mehr oder weniger egal“, sagte deren Vertreterin Annika Rittmann. „Während Naturzerstörung ab jetzt mit dem passenden Kleingeld hochgefahren werden darf, schockiert die Ampel mit der Bereitschaft, 144 Autobahnprojekte durchzuwinken.“

Auch die Energie-Expertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, kritisierte die Beschlüsse scharf. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete sie im Sender Phoenix als „Klimakatastrophen-Kanzler“. „Es ist wirklich keine Fortschrittskoalition, die wir hier sehen, sondern eher eine Stillstands-Koalition“, sagte sie. Man könne hier nicht von einem „Klima-Wumms“ sprechen. „Ich würde es eher als Wümmschen bezeichnen, wenn überhaupt.“

Von „vernünftig“ bis „Wümmschen“ – Geteiltes Echo auf Ampel-Paket

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von falco auf Pixabay

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