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Volkswirte zum erneut gesunkenen ZEW-Index

Berlin, 13. Sep (Reuters) – Börsenprofis blicken immer pessimistischer auf die deutsche Wirtschaft. Das Barometer für die Einschätzung zur Konjunktur in den nächsten sechs Monaten ging im September um 6,6 Punkte auf einen Wert von minus 61,9 Punkten zurück, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit minus 60,0 Zähler gerechnet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

JÖRG ANGELÉ, SENIOR ECONOMIST BANTLEON:

„Die seit Ende August rückläufigen Gas- und Strompreise sind kein Grund zur Entwarnung. Sie liegen immer noch bei einem Vielfachen dessen, was Unternehmen und Konsumenten bis Anfang 2021 bezahlen mussten. Um einen Energiepreisschock in den kommenden Quartalen zu verhindern, müsste die Regierung die Gas- und Strompreise weit unter dem aktuellen Niveau deckeln oder die Entlastungszahlungen für Wirtschaft und Verbraucher spürbar erhöhen. Die bisher beschlossenen Massnahmen reichen nicht aus, um ein Abrutschen der Wirtschaft in eine Rezession zu verhindern. Zumal die Exportwirtschaft neben den massiv steigenden Kosten auch unter einer globalen Nachfrageabkühlung leidet. Wir rechnen für das Winterhalbjahr 2022/2023 mit deutlich rückläufigen Quartalszuwachsraten beim BIP in Höhe von rund -0,5 Prozent. 2023 dürfte die deutsche Wirtschaft um etwa 1,0 Prozent schrumpfen. „

MICHAEL HOLSTEIN, CHEFVOLKSWIRT DZ BANK:

„Die erneut negative Entwicklung des Barometers ist vor allem auf den Gaslieferstopp Russlands durch die Pipeline Nord Stream 1 zurückzuführen. Damit ist das Risiko einer Gasknappheit im kommenden Winter angestiegen, auch wenn die Gasspeicher bisher schneller als gedacht aufgefüllt werden konnten. Die hohen Energiepreise belasten aber Unternehmen und private Haushalte massiv, was sowohl zu Produktionseinschränkungen als auch zu Konsumzurückhaltung führen dürfte. Eine Rezession in den kommenden Monaten ist kaum mehr abzuwenden. Ob unter der aktuellen russischen Führung nochmal Gas nach Deutschland geliefert wird, weiß nur der Kreml selbst.“

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:

„Die vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten senken im September erneut deutlich den Daumen für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Auch die Einschätzung zur aktuellen wirtschaftlichen Situation geben gegenüber dem August nochmals spürbar nach. Die wirtschaftlichen Folgen der hohen Energiepreise trüben den konjunkturellen Ausblick erheblich ein. Vor allem mittelständische Betriebe ächzen unter den massiv gestiegenen Strom- und Gaspreisen. Aber auch der für Deutschland so wichtige chinesische Absatzmarkt kommt ins Schlingern. China kämpft selbst mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten.“

JENS-OLIVER NIKLASCH, SENIOR ECONOMIST, LBBW:

„Erneut eine alarmierende Nachricht. Die Lage wird sehr pessimistisch eingeschätzt und die Erwartung ist, dass es weiter abwärts geht. Schlechter geht es eigentlich nicht mehr. In der Vergangenheit haben wir nur einmal eine ähnliche Konstellation gehabt: Das war während der Finanzkrise im Januar 2009. Aber selbst damals waren die absoluten Zahlen nicht so eisig wie derzeit. Herbst und Winter dürften konjunkturell überaus herausfordernd werden. Die Rezession ist damit quasi ausgemacht. Die Frage ist jetzt, wie tief es mit der Konjunktur abwärts gehen kann – und wohin die Inflation noch steigt.“

Volkswirte zum erneut gesunkenen ZEW-Index

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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