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Volkswagen geht Batterie-Pläne behutsamer an

Berlin, 16. Dez – Volkswagen-Chef Oliver Blume will die Entscheidung über eine Batteriezellfabrik in Osteuropa nicht auf die lange Bank schieben. „Die Standortentscheidung für Osteuropa soll in Kürze fallen“, sagte er auf der außerordentlichen Hauptversammlung am Freitag in Berlin. Damit machte Blume deutlich, dass Volkswagen nicht, wie zunächst erwartet, wegen der in den USA winkenden massiven Steuererleichterungen für klimafreundliche Technologien wie E-Autos, seine Pläne für den Bau von Batteriezellfabriken in Europa wegen der hohen Energiepreise überdenkt. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt erwägt bereits, geplante Investitionen in ein neues Batteriewerk in Schleswig-Holstein zugunsten einer Fabrik in den USA zurückzustellen.

Allerdings könnten die hohen Energiekosten hierzulande dazu führen, dass Volkswagen seine Pläne für neue Zellfabriken nun behutsamer angeht. Es gelte abzuwägen, welches der richtige Standort sei, heißt es aus dem Konzern. Dabei sei nicht die pure Anzahl an Fabriken entscheidend, sondern die in der hochlaufenden Produktion von Elektroautos benötigten Kapazitäten. Der Vorstand prüfe derzeit, wo neue Fabriken richtigerweise angesiedelt werden und in welcher Schrittfolge diese benötigt würden. „Wir haben erstmal ein starkes Zeichen gesetzt, dass wir in Salzgitter begonnen haben, wir sind jetzt nah an einem Abschluss in Spanien und haben jetzt Gespräche in Nordamerika aufgenommen“, sagte ein Manager. 

Die Wolfsburger wollen in Europa zusammen mit Partnern bis 2030 sechs Zellfabriken mit insgesamt 240 Gigawattstunden Leistung hochziehen. In Deutschland wurde im Juli der Grundstein für eine große Fabrik in Salzgitter gelegt. Für eine Fabrik in Osteuropa kommen neben Tschechien auch Ungarn, Polen und die Slowakei in Frage. In Kanada will Europas größter Autobauer bald mit der Standortsuche beginnen.

MILLIARDEN FÜR DIE AKTIONÄRE

Anlass für die erste Aktionärsversammlung von Volkswagen in Präsenz seit drei Jahren ist die Entscheidung über die Sonderdividende aus dem Börsengang der Sportwagen-Tochter Porsche AG Ende September. Die Anteilseigner, darunter als größte die Familienholding Porsche SE, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar, sollen den Weg für die Zahlung von 19,06 Euro je Aktie freimachen. Ingesamt schüttet der Konzern zusätzlich 9,55 Milliarden Euro aus. 

Allein die Familien Porsche und Piech, die über ihre Porsche Automobil Holding SE (PSE) die Stimmrechtsmehrheit an Europas größtem Autokonzern halten, können aus der Sonderdividende mit drei Milliarden Euro rechnen, die sie umgehend in weitere Stammaktien der Porsche AG stecken wollen. Einschließlich der Aufnahme von Schulden lassen sich die Nachfahren des Unternehmensgründers Ferdinand Porsche die Beteiligung gut zehn Milliarden Euro kosten. Die Familien bekommen damit wieder direkten Zugriff auf den Stuttgarter Sportwagenbauer, den sie nach dem gescheiterten Versuch einer Übernahme von Volkswagen vor mehr als zehn Jahren abgeben mussten.

Ingesamt bringen der Börsengang von Porsche – der größte in Deutschland seit mehr als 25 Jahren – und der Verkauf von Aktien an die Familienholding Volkswagen mehr als 19 Milliarden Euro ein, die der Konzern in den Umbau zum softwarebasierten Mobilitätsanbieter investieren will. 

Wegen der Mehrheitsverhältnisse bei VW gilt das Votum als Formsache. Denn lediglich rund 7,3 Prozent der stimmberechtigten Aktien liegen im Streubesitz, der Rest in den Händen der Großaktionäre. Aktionärsvertreter prangern seit längerem eine Verflechtung der Interessen in dem Wolfsburger Großkonzern an und monieren, kleinere Aktionäre hätten dadurch keinen Einfluss.

EINE FRAGE DER BEWERTUNG

Der Experte für Unternehmensführung bei der Fondsgesellschaft DWS, Hendrik Schmidt, verwies auf die niedrige Bewertung des Wolfsburger Konzerns an der Börse. Das große Interesse am Börsengang von Porsche habe gezeigt, dass die Entscheidung aus ökonomischen Gründen vom Kapitalmarkt begrüßt wurde. „Allerdings ist es bemerkenswert festzustellen, dass die VW-Mutter nunmehr weniger wert ist als die weiterhin vollkonsolidierte Tochtergesellschaft.“ Die Governance-Defizite der Muttergesellschaft würden dabei nochmals von der Tochter übertroffen. Dies gipfele in der Doppelrolle des Konzernchefs Blume, der in Personalunion den Sportwagenbauer Porsche lenkt. „Als Aktionäre wollen wir uns aber keinen Teilzeit-CEO leisten, weder bei der Tochter noch bei der Mutter“, sagte Schmidt. 

Auch Marc Liebscher, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), nahm Blumes Rolle aufs Korn: „Sie müssen sich klar darüber werden, wenn Sie Diener zweier Herren sein möchten, dann wird das erhebliche Friktionen mit sich bringen.“ Er forderte Blume auf, die Doppelfunktion so schnell wie möglich zu beenden. Blume verwies in seiner Rede darauf, dass beide Unternehmen Regeln eingeführt hätten, um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden. Er kündigte an, seine Doppelfunktion langfristig ausüben zu wollen.

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Quelle: Reuters

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