Ein Kommentar von Justin White, der auf den US-Aktienmarkt und die verschiedenen Faktoren, die in den nächsten Monaten relevant sein werden, eingeht:
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Stimmung der Anleger im vergangenen Jahr instabiler geworden ist. Die Aktien, die den Markt anführen, verändern sich unabhängig von den Fundamentaldaten ungewöhnlich schnell, was es schwieriger macht, verlässliche Alpha-Quellen zu finden. Im Hinblick auf das Chance-Risiko-Verhältnis ist der US-Aktienmarkt unserer Meinung nach auch im Großen und Ganzen teuer, was bedeutet, dass die Performance wahrscheinlich von der die Auswahl einzelner Aktien abhängt.
Die Inflation in den USA sollte – sofern es nicht zu einer Rezession kommt – sehr viel länger brauchen, um auf das Zielniveau zu sinken, als der Konsens derzeit erwartet. Die Geschichte zeigt, dass eine stark invertierte Renditekurve eine Rezession nur schwer vermeiden lässt. Je länger jedoch eine wirtschaftliche Landung hinausgezögert wird in der Hoffnung, sie gänzlich vermeiden zu können, desto härter wird sie letztlich ausfallen. Was anscheinend unserer Ansicht nach unterschätzt wird, ist dass wir in ein neues Investitionsregime eingetreten sind, und dass vieles noch unsicher ist. Die Anpassung an diese neue Landschaft wird Zeit brauchen und auf dem Weg dorthin möglicherweise unangenehm sein.
Auswirkungen des Drucks auf den Bankensektor
In jüngster Zeit ist der Bankensektor unter extremen Druck geraten, wobei sich eine potenzielle Krise im regionalen Bankensektor der USA abzeichnet. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass die Fed dazu neigt die Politik zu straffen, bis etwas „bricht“; die Eindämmung der Inflation ist ihre Aufgabe. Und in diesem Fall waren die Silicon Valley Bank und die Signature Bank die ersten, die zerbrachen, und in Europa erlitt die Credit Suisse das gleiche Schicksal.
Während wir glauben, dass die akute Krise wahrscheinlich vorübergehen wird, ist die Realität, dass dieser Schock für das System eine Verschärfung der finanziellen Bedingungen zur Folge haben wird. Regionalbanken sind eine wichtige Liquiditätsquelle für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), und der Selbsterhaltungstrieb bedeutet, dass diese Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender sein werden. Die Auswirkungen werden nicht sofort spürbar sein, aber mit der Zeit.
Wenn es für KMU schwieriger wird, Kredite zu erhalten, wird dies mit der Zeit Folgen für das Wirtschaftswachstum in den USA haben. Unserer Ansicht nach ist es unwahrscheinlich, dass sich dies zu einer ausgewachsenen Bankenkrise ausweitet, aber es ist das bisher deutlichste Zeichen für die Auswirkungen der Zinserhöhungskampagne der Fed.
Ein weiteres interessantes Merkmal des US-Aktienmarktes ist, dass die Unternehmen, die seit Jahresbeginn die höchsten Renditen erzielt haben, ihre Gewinnziele verfehlt haben. Diejenigen, die ihre Gewinnerwartungen erfüllt haben und deren Fundamentaldaten robust zu sein scheinen, haben dagegen im Allgemeinen eine unterdurchschnittliche Performance erzielt. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich die Märkte letztlich rational verhalten und dass die führenden Aktien des vergangenen Zyklus nicht immer dieselben sind, die auch in Zukunft führend sein werden. Die Geschichte lehrt uns auch, dass fundamental gute Unternehmen langfristig besser abschneiden als der Markt, und ein All-Cap-Anlagekonzept ist der Schlüssel, um diese Unternehmen zu finden.
Schwieriges Umfeld für Unternehmen
Aus der Ertragsperspektive sieht das Jahr 2023 für die US-Unternehmen schwierig aus. Nachdem die Konjunktur nach der Pandemie im Jahr 2021 durch die rekordverdächtigen geld- und fiskalpolitischen Impulse gestützt wurde, erwies sich das vergangene Jahr als ein schwierigeres Ertragsumfeld. Dieser Trend dürfte sich 2023 fortsetzen, und die Unternehmensgewinne dürften weiter unter Druck geraten. Die Aussicht auf eine wirtschaftliche Rezession ist groß, und auch die Auswirkungen der höheren Inputkosten müssen noch nicht voll zum Tragen kommen.
Der angespannte Arbeitsmarkt bedeutet auch, dass der Wettbewerb um Arbeitskräfte hoch bleiben wird, was die Gewinnspannen in einer Reihe von Branchen, insbesondere aber im Dienstleistungssektor, unter Druck setzt. Dies alles führt zu einem wesentlich schwierigeren Umfeld für die Rentabilität der Unternehmen. Viele US-Unternehmen haben Anfang 2023 entweder bereits rückläufige Gewinne gemeldet oder sind von solchen bedroht.
Ein hervorzuhebender Bewertungsmaßstab ist die Aktienrisikoprämie (ERP). Die Risikoprämie misst die zusätzliche Rendite, die Aktienanleger im Vergleich zu risikofreien US-Staatsanleihen erwarten können.
Staatsanleihen. Die Analyse zeigt, dass die ERP für den S&P 500 Index heute auf einem historischen Tiefstand liegt. Die jüngsten Zinserhöhungen bedeuten, dass Anleger nun Renditen von nahezu 5 % aus US-Schatzpapieren erzielen können, ohne ein Risiko einzugehen. Angesichts der beschriebenen beträchtlichen Markt- und Wirtschaftsrisiken kann man vernünftigerweise erwarten, dass Aktien eine beträchtliche Prämie über die der Rendite von Staatsanleihen. Die derzeitige Risikoprämie von etwa 200 bis 250 Basispunkten für Investitionen in den US-Aktienmarkt erscheint in diesem Zusammenhang jedoch völlig unattraktiv.
Unternehmensgewinne könnten unter Druck geraten
Foto von Justin White Portfoliomanager bei T. Rowe Price
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