München/Frankfurt, 13. Jan – Mit dem Börsengang des Webhosting- und Cloud-Anbieters Ionos könnte die Flaute am deutschen Markt für Neuemissionen schneller als erwartet enden. Die Tochter des Internet- und Mobilfunkanbieters United Internet will einem Insider zufolge voraussichtlich in der nächsten Woche den offiziellen Startschuss für ihren milliardenschweren Börsengang geben.
Eine Bewertung von bis zu fünf Milliarden Euro für Ionos sei nach den Gesprächen mit potenziellen Aktienkäufern realistisch, sagte die mit den Plänen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Im vergangenen Jahr hatte in Deutschland nur der Sportwagenbauer Porsche mit einer mehr als neun Milliarden Euro schweren Emission die Schockstarre überwunden, in die Börsenkandidaten angesichts des Ukraine-Krieges geraten waren.
Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg hatte als erste über den Zeitplan bei Ionos berichtet. Das Unternehmen wollte sich nicht dazu äußern. Die Aussicht auf einen hohen Emissionserlös ließ die Aktien von United Internet zeitweise um fünf Prozent auf 22,54 Euro steigen, am Mittag lagen die Papiere aber mit 21,43 Euro wieder auf Vortagesniveau. United Internet ist an der Börse rund vier Milliarden Euro wert. Ob die Muttergesellschaft beim Börsengang überhaupt Anteile abgeben will, sei aber offen, sagte der Insider. Der Finanzinvestor Warburg Pincus könnte damit jedenfalls seinen Ausstieg einleiten. Er hält 24,9 Prozent an Ionos.
Das Unternehmen hatte bereits im Herbst die Investmentbanken JPMorgan, Deutsche Bank, Berenberg und BNP Paribas mit den Vorbereitungen für den Börsengang beauftragt.
Ionos sieht sich als Marktführer beim Webhosting in Europa, Zielgruppe sind vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. Cloud-Dienstleistungen machten etwa zehn Prozent des Geschäfts aus. Etwa 90 Prozent der Einnahmen stammten aus Abonnements, so dass Ionos relativ immun gegen wirtschaftliche Schwankungen sei. Im Dezember hatte Ionos den Investoren für 2022 ein Wachstum von 15 bis 18 Prozent in Aussicht gestellt. Im Jahr davor lagen die Erlöse bei 1,1 Milliarden Euro. Mittelfristig traut sich das Unternehmen Umsatzzuwächse von durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr und eine bereinigte operative Gewinnmarge von mehr als 30 Prozent zu.
INVESTOREN WERDEN WIEDER OPTIMISTISCHER
Im vergangenen Jahr war Porsche für das Emissionsvolumen an der Frankfurter Börse fast allein verantwortlich. Mit rund 9,4 Milliarden Euro legte die Volkswagen-Tochter 2022 den zweitgrößten Börsengang weltweit hin. Alle anderen Kandidaten in Deutschland schoben ihre Pläne wegen der starken Schwankungen an den Aktienmärkten auf die lange Bank. Steigende Börsenkurse zu Jahresbeginn deuten aber darauf hin, dass die Investoren wieder aufnahmebereiter für Neuemissionen sein könnten. Ob Ionos aber als „Eisbrecher“ taugt, der anderen Anwärtern Mut macht, bleibe abzuwarten.
Als möglicher Kandidat für das Frühjahr wird der Tankkarten-Anbieter und Flottendienstleister DKV Mobility gehandelt, der seine Börsen-Vorbereitungen schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine aufgenommen hatte. An dem Familienunternehmen aus Ratingen ist der Finanzinvestor CVC mit 20 Prozent beteiligt. DKV wird Finanzkreisen zufolge von JPMorgan, Bank of America und UBS begleitet. Auch das Stellenanzeigen-Portal Stepstone, eine Tochter des Medienkonzerns Axel Springer, hatte bereits für 2022 den Börsengang anvisiert. Springer-Chef Mathias Döpfner liebäugelt nun für dieses Jahr mit einem neuen Anlauf. Zu ihren Börsenplänen bekannt hat sich auch die Oldenburgische Landesbank (OLB), legt sich aber nicht auf einen Zeitpunkt fest.
Auch Schott Pharma, ein Hersteller von Glasverpackungen für Medikamente, und der Wasserstoff-Anlagenbauer Nucera, an dem ThyssenkruppTKAG.DE maßgeblich beteiligt ist, hegen weiterhin Pläne für einen Börsengang. Der Arzneimittelhersteller Cheplapharm, der seine Emission kurz vor Beginn des Krieges in der Ukraine abgesagt hatte, hat sich inzwischen bei Investoren anderweitig frisches Kapital beschafft.
United-Internet-Tochter Ionos könnte IPO-Flaute beenden
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Markus Spiske auf Pixabay
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