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Trotz scharfer Kritik will EU-Kommission Öko-Label für Atom und Gas

Brüssel/Berlin, 02. Feb (Reuters) – Die EU-Kommission bleibt trotz scharfer Kritik aus vielen Ländern bei ihren Plänen, Atomkraft und Erdgas zumindest unter bestimmten Kriterien ein Öko-Label zu geben. Mit der sogenannten Taxonomie, die am Mittwoch in Brüssel vorgestellt wurde, sollen Finanzströme gezielt in nachhaltige Technologien fließen.

Für die Bundesregierung dürften die Änderungen bei Gaskraftwerken wichtig sein, um den Übergang zu erneuerbaren Energien verlässlich gestalten zu können. Umweltverbände sprachen von einer Mogelpackung. Klagen gegen die EU-Pläne stehen bereits im Raum.

EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis twitterte, Atom und Gas seien als Brückentechnologien wichtig. Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness sprach von einem schwierigen Übergang hin zu Klimaneutralität, die in der EU bis 2050 geplant ist.

Konkret sollen jetzt beispielsweise Gaskraftwerke in diesem Jahrzehnt als „grün“ gelten, wenn sie ein CO2-Emissionslimit von 270 Gramm je Kilowattstunde nicht überschreiten. Dies ist auch möglich, wenn sie über einen Zeitraum von 20 Jahren bestimmte Werte nicht überschreiten.

Damit können auch Gaskraftwerke als nachhaltig gelten, die erst später auf klimafreundlichere Produktionsweisen umstellen oder später nur noch teilweise genutzt werden. Sie sind verpflichtet, bis 2035 auf CO2-ärmere Produktionsweisen umzustellen. Das war zunächst ab 2026 angedacht. Neue Atomkraftwerke müssen für ein Öko-Label eine Baugenehmigung vor 2045 bekommen. Außerdem müssen die Länder, in denen sie entstehen, bis 2050 einen Plan und die finanziellen Mittel haben, radioaktive Abfälle sicher zu entsorgen.

Scharfe Kritik kam aus Österreich: „Atomkraft ist weder ‚grün‘ noch nachhaltig. Ich kann die Entscheidung der EU nicht nachvollziehen“, twitterte Kanzler Karl Nehammer. Rechtliche Schritte dagegen würden geprüft. Auch Luxemburg hatte zuletzt eine Klage in Erwägung gezogen. Die Lobbyorganisation Finanzwende forderte auch die deutsche Regierung auf, der Taxonomie eine klare Absage zu erteilen und notfalls zu klagen. Die EU-Kommission trete wissenschaftliche Erkenntnisse mit Füßen.

Umweltverbände sprachen von einem „Greenwashing“, also einem Öko-Label für eigentlich nicht nachhaltige Produkte und Investments. So könnten Milliarden in Atom- und Gaskraftwerke fließen, die dann für erneuerbare Energien fehlten.

EU-Kommission

VETO IN DEN NÄCHSTEN MONATEN? EHER NICHT

Kritiker monieren, dass mit Atom und Gas die Taxonomie, die ab Anfang 2023 gelten soll, an Glaubwürdigkeit verliert und am Ende von Investoren am Kapitalmarkt gar nicht akzeptiert werden könnte. Das EU-Parlament und die Mitgliedsländer der Europäischen Union haben nun vier Monate Zeit, die Pläne noch zu verhindern, was allerdings nicht als wahrscheinlich gilt.

Dafür bräuchte es eine Mehrheit im Europäischen Parlament oder ein Veto von 20 der 27 EU-Länder. Der Sprecher der Bundesregierung wollte sich nicht konkret äußern. Die grundsätzliche Position Deutschlands sei bekannt, die Einstufung von Atomkraft als nachhaltig halte man für falsch.

Die Grünen im Europäischen Parlament teilten mit, 353 Stimmen seien für ein Veto nötig, knapp 250 hätten sie zusammen. „Es gibt noch eine Chance, dies zu stoppen“, sagte der deutsche Abgeordnete Michael Bloss. Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sprach dagegen von einem fairen Kompromiss. Wichtig für Deutschland sei, dass die Konditionen für Investitionen in Gaskraftwerke verbessert worden seien. „Der Einstieg in eine wasserstoffbasierte Wirtschaft wird so gelingen.“

Frankreich ist zu rund 70 Prozent abhängig von Atomstrom und hat durchgesetzt, Atomkraft in die Taxonomie aufzunehmen. Dies sei entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen. Für andere EU-Länder wie Polen oder Bulgarien ist Gas wichtig, um von der noch klimaschädlicheren Kohle wegzukommen. 

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Titelfoto und Foto: Symbolfoto

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