Paris/Frankfurt, 17. Feb – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrem Zinserhöhungskurs laut zwei ihrer führenden Währungshüter im Kampf gegen die Inflation noch eine Wegstrecke vor sich. EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau wiesen dabei am Freitag auf die anhaltend hohe Inflation hin. Mit ihren Äußerungen sorgten sie dafür, dass am Finanzmarkt die Zinserwartungen wieder ein Stück weit nach oben zogen. Am Geldmarkt wird inzwischen damit gerechnet, dass die EZB die Zinsen bis zum Sommer noch auf rund 3,75 Prozent anheben wird. Noch Anfang des Monats wurde der Zinsgipfel eher bei 3,4 Prozent verortet.
Die Märkte gingen davon aus, dass die Teuerung sehr schnell in Richtung des EZB-Ziels von zwei Prozent sinken und dort dann bleiben werde, während sich auch die Wirtschaft gut schlage, sagte Schnabel in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Agentur Bloomberg. „Das wäre ein sehr gutes Ergebnis, aber es besteht das Risiko, dass sich die Inflation als hartnäckiger erweist als gegenwärtig eingepreist ist an den Finanzmärkten“, warnte sie. Laut der deutschen Volkswirtin müsste die EZB womöglich kräftiger handeln, sollte die Reaktion der Wirtschaft auf die Straffungsschritte der Notenbank schwächer ausfallen als es in der Vergangenheit der Fall gewesen war.
„Wir müssen uns davor hüten, zu früh den Sieg zu erklären,“ sagte auch Frankreichs Notenbanchef Villeroy in einer Rede vor Finanzanalysten. Aus seiner Sicht könnte die EZB auf ihrem Zinserhöhungskurs womöglich erst im September den Gipfel erreichen. „Ich denke, dass es möglich ist, dass wir den Gipfel bis zum Sommer erreicht haben, der offiziell im September endet“ sagte das EZB-Ratsmitglied. Laut Villeroy wird der Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten und der aktuell der maßgebliche Zins an den Finanzmärkten ist, wahrscheinlich auf mehr als 3,00 Prozent angehoben werden.
ZINSPFAD NACH DEM MÄRZ NOCH OFFEN
Die EZB hat seit Juli 2022 die Zinsen bereits fünf Mal in Folge nach oben gesetzt – zuletzt im Februar um 0,50 Prozentpunkte. Sie stellte zudem bereits eine weitere Erhöhung im März um erneut einen halben Prozentpunkt in Aussicht. Damit würde der Einlagensatz von aktuell 2,50 Prozent auf dann 3,00 Prozent steigen. Was nach März kommen soll, ist allerdings noch offen. Von Entwarnung bei der Inflation kann jedenfalls derzeit noch keine Rede sein. Die Teuerung lag im Januar immer noch bei 8,50 Prozent – das ist mehr als vier Mal so hoch wie die EZB-Zielmarke. Zudem verharrte die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgenommen sind, im Januar bei 5,2 Prozent. Das bereitet vielen Währungshütern Sorgen.
Schnabel zufolge ist eine Zinsanhebung um einen halben Prozentpunkt auf der nächsten Zinssitzung der EZB am 16. März „notwendig unter praktisch allen plausiblen Szenarien.“ Auch Villeroy rechnet damit. Beide haben allerdings unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich des aktuellen Niveaus der Zinsen. Villeroy zufolge ist die EZB mit ihren Zinserhöhungen bereits in das sogenannte restriktive Niveau vorgedrungen, bei dem eine Volkswirtschaft gebremst wird. Schnabel ist sich da hingegen nicht so sicher. „Es ist es nicht so einfach zu beurteilen, ob unsere Maßnahmen bereits restriktiv sind“, sagte sie in dem Interview. Die meisten Währungshüter hatten zuletzt die Erwartung ausgedrückt, dass die EZB die Zinsen auf der übernächsten Zinssitzung am 4. Mai abermals anheben wird.
Top-Währungshüter der EZB sehen noch Zins-Wegstrecke voraus
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Alexander Jungmann auf Pixabay
Alle aktuellen Themen wöchentlich im Wirtschaftsmagazin Paul F
Hier findet ihr die aktuellen Livestream-Folgen. Mehr aus Web3, NFT und Metaverse