Seoul, 16. Jun (Reuters) – Die südkoreanische Regierung greift den Unternehmen wegen der höchsten Inflation seit mehr als einem Jahrzehnt mit einer Steuersenkung unter die Arme. Der maximale Satz für die Körperschaftssteuer solle von aktuell 25 auf 22 Prozent gesenkt werden, wie das Finanzministerium am Donnerstag in Seoul ankündigte. Das entspricht dem Durchschnitt der in der OECD vereinten Industriestaaten. Die frühere Regierung hatte den Satz für etwa 100 der größten Unternehmen 2018 auf 25 Prozent angehoben, um mehr Sozialleistungen finanzieren zu können.
Mit der Maßnahme soll der Kostendruck für die Unternehmen gesenkt werden. Die Regierung verdoppelte zugleich ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr von 2,2 auf 4,7 Prozent, was die höchste Teuerungsrate seit 2008 wäre. Bei der Vorstellung ihrer ersten wirtschaftspolitischen Initiativen erklärte die neue Regierung von Präsident Yoon Suk Yeol zugleich, dass sie die Wachstumsprognose für dieses Jahr von 3,1 auf 2,6 Prozent gesenkt habe. Die exportstarke Wirtschaft war im vergangenen Jahr noch so schnell gewachsen wie seit 2010 nicht mehr, leidet jedoch aktuell nicht nur unter steigenden Kosten, sondern auch unter Materialengpässen, höheren Zinsen und den Lockdowns beim wichtigen Handelspartner China.
„Wir setzen unsere höchste Priorität auf die Stabilisierung der Preise, da dies unser gemeinsames Verständnis ist“, sagte Finanzminister Choo Kyung Ho und bezog sich dabei auf Notenbankchef Rhee Chang Yong. Präsident Yoon hatte in seinem Wahlkampf versprochen, eine „privatwirtschaftlich geführte Wirtschaft“ zu unterstützen. Seine Maßnahmen würden den Unternehmen in Südkorea helfen, mit den höheren Mindestlöhnen, den steigenden Kreditkosten und den Arbeitszeitbeschränkungen der vorherigen Regierung fertig zu werden.
Die Märkte gehen derweil davon aus, dass die Notenbank ihren 2021 begonnenen Kurs der Zinserhöhungen fortsetzen wird. Das Finanzministerium will parallel dazu Investitionen in technologischen Schlüsselbranchen ankurbeln. Zwischen acht und zwölf Prozent der Investitionen großer Konzerne in die Herstellung von Halbleitern und organischen Leuchtdioden sollen von der Körperschaftssteuer absetzbar sein. Bisher waren es nur sechs bis zehn Prozent.
Um den Aktienmarkt zu stabilisieren, hat die Regierung zudem beschlossen, die Kapitalertragssteuer für Kleinanleger abzuschaffen. Die südkoreanische Leitindex ist seit Jahresbeginn um fast ein Fünftel eingebrochen. Außerdem plant die Regierung, die Steuer auf Aktientransaktionen ab dem nächsten Jahr von 0,23 auf 0,20 Prozent zu senken.
Südkorea senkt Unternehmenssteuer wegen hohem Kostendruck
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