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Spotanalyse: Volkswirte zum erneuten Anstieg des Ifo-Index

Frankfurt, 22. Feb – Die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen hat sich im Februar den vierten Monat in Folge aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf 91,1 Zähler von 90,1 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit dem Anstieg auf 91,2 Zähler gerechnet. Volkswirte sagten in ersten Reaktionen: 

CHRISTOPH SWONKE, DZ BANK:

„Der für Deutschlands Wirtschaft wichtigste Pulsmesser steigt im Februar zum vierten Mal in Folge. Für das Barometer geht es um einen Zähler auf 91,1 Punkte nach oben. Die Verbesserung ruht allerdings allein auf der Aufhellung der Geschäftserwartungen. Und das auch weiterhin nur auf niedrigem Niveau. Bei der aktuellen Lage bewerten Deutschlands Unternehmen ihre Situation sogar schlechter als im Vormonat. Das ist auch kein Wunder. Die Lieferkettenprobleme nehmen zwar ab, der Inflationsdruck aber nicht. Die anziehenden Zinsen sind auch ein zunehmender Belastungsfaktor, der die Nachfrage hemmt. Zudem bremst das schwächere außenwirtschaftliche Umfeld. Wie anfällig dieses trotz der verbesserten Lage in China ist, demonstriert auch das jüngste Säbelrasseln zwischen den USA und Russland. Zur Mitte des ersten Quartals 2023 bleibt der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft hoch. Die besseren Geschäftserwartungen lassen aber auf eine moderate Erholung ab dem Frühjahr hoffen.“ 

ROBERT GREIL, CHEFSTRATEGE MERCK FINCK:

„Für große Wachstumssprünge wird es damit kaum reichen. Vor allem die geopolitische Unsicherheit dürfte verhindern, dass Privathaushalte und Unternehmen wirklich optimistisch werden. Zudem wird die geldpolitische Straffung der EZB ihre Wirkung zunehmend entfalten, die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen verschlechtern und damit die Dynamik des Aufschwungs bremsen. Unterm Strich wird Deutschlands Wirtschaft 2023 aus unserer Sicht bestenfalls leicht wachsen. Zugleich ist allerdings eine Rezession, insbesondere ein einschneidender Abschwung, deutlich unwahrscheinlicher geworden. Der Blick auf die Konjunkturindikatoren dieser Woche zeigt einmal mehr: Ein Frühling macht noch keinen Sommer – aber zumindest Hoffnung darauf.“ 

FRITZI KÖHLER-GEIB, CHEFVOLKSWIRTIN KFW:

„Heute beginnt zwar die Fastenzeit, aber laut dem Ifo-Geschäftsklima könnte das Jahr für die deutsche Wirtschaft weit weniger mager ausfallen als lange befürchtet. Der Geschäftsklimaindex steigt zum fünften Mal in Folge, wofür erneut eine Aufhellung der Erwartungskomponente verantwortlich ist. Trotzdem weht weiterhin ein strammer konjunktureller Gegenwind, denn die Bremswirkung der Geldpolitik dürfte in diesem Jahr erst ihre volle Wirkung entfalten und die Reallohnverluste hallen nach. Gemessen an den Befürchtungen vom letzten Jahr wäre aber auch eine Stagnation 2023 durchaus schon ein Erfolg.“

JÖRG ZEUNER, CHEFVOLKSWIRT UNION INVESTMENT:

„Die aktuelle Lage ist nach wie vor durchwachsen. Hinzu kommt, dass einige Branchen die geschäftliche Zukunft immer noch skeptisch sehen, insbesondere der Handel und der Bausektor. In den nächsten Monaten könnte sich die Stimmung trotzdem weiter verbessern. Denn in Richtung Sommer ist eine Aufhellung der Konjunktur zu erwarten, weil rückläufige Teuerung und niedrigere Energiepreise die Kaufkraft der Verbraucher nicht mehr so stark beeinträchtigen. Hiervon sollte der Handel profitieren. Bis die Verbesserung aber auch in der Lagebeurteilung der restlichen Unternehmen ankommt, kann es noch eine Weile dauern. Das gilt insbesondere in den zinssensiblen Bereichen wie etwa dem Baugewerbe, das unter den gestiegenen Kreditzinsen besonders leidet. Eine schnelle Änderung ist hier nicht in Sicht. Die Geldpolitik dürfte so lange restriktiv bleiben, bis sich die Risiken aus der hohen Inflation gelegt haben.“

ULRICH WORTBERG, HELABA:

„Im langjährigen Durchschnitt ist das Niveau des Stimmungsbarometers aber noch niedrig, was vor zu viel Konjunkturoptimismus warnt. Vor allem das erste Quartal könnte noch von einer schwachen BIP-Entwicklung geprägt sein. Der fortgesetzte Anstieg der Geschäftserwartungen lässt aber auf eine verbesserte konjunkturelle Dynamik im Verlauf des Jahres schließen. Die deutsche Wirtschaft wird wohl nicht in eine Rezession abgleiten. Mit Blick auf die EZB dürfte die Erwartung bestätigt werden, dass der Zinserhöhungszyklus auch nach der Märzsitzung noch nicht beendet ist.“

JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:

„Der Anstieg passt ins Bild der Indikatoren, die sich derzeit überwiegend erholen. Zugleich zeigt der kleine Rückgang im Lageindex, dass der Konjunkturmotor gelegentliche Zündaussetzer hat. Zusammengefasst kann im Trend mit einer Verbesserung der Konjunktur gerechnet werden, aber kleinere Rückschläge sind zu erwarten. Insbesondere der Bausektor und Teile der Automobilindustrie könnten sich in den kommenden Monaten als Spielverderber erweisen.“ 

ANDREAS SCHEUERLE, DEKABANK: 

„Während die Unternehmen ihre Geschäftslage realistisch als leicht rezessiv einordnen, erleben wir derzeit eine dramatische Rekalibrierung der Geschäftserwartungen. Unter dem Eindruck des russischen Einmarsches in die Ukraine und des Gaslieferstopps im weiteren Verlauf des Jahres 2022 waren die Geschäftserwartungen implodiert. Sie signalisierten einen Kollaps der wirtschaftlichen Aktivität vergleichbar mit dem in der Globalen Finanzkrise oder im ersten Lockdown. Doch es kam bekanntlich nicht so schlimm: Heute steht die Konjunktur um ein Vielfaches besser da, als 2022 befürchtet worden war, was den staatlichen Hilfsmaßnahmen, der beherzten Gasbeschaffung und dem milden Winter zu verdanken ist. Jetzt passen sich die viel zu pessimistischen Erwartungen an die realen Gegebenheiten an. Sie sind aber kein Vorbote einer stürmischen Erholung.“

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Quelle: Reuters

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