Berlin, 16. Feb (Reuters) – Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Ländern keine weitere finanzielle Unterstützung zur Versorgung der Flüchtlinge auch aus der Ukraine zugesagt. Nach dem Spitzentreffen von Bund, Ländern und Kommunen am Donnerstag in Berlin sagte die SPD-Politikerin, es werde auf den drei Ebenen abgestimmt gearbeitet, um die Herausforderungen zu bewältigen. Sie betonte aber, dass es bei den vom Bund für die Länder für dieses Jahr zugesagten 2,75 Milliarden Euro bleiben werde. Die Ministerin sagte aber weitere Liegenschaften des Bundes zur Unterbringung der Menschen zu. Bundeskanzler Olaf Scholz werde mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen um Ostern herum erneut über die Lage beraten.
Unzufrieden äußerte sich der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, mit den Ergebnissen des Treffens. „Zu seiner großen Enttäuschung“ habe es keine weiteren finanziellen Zusagen des Bundes gegeben, sagte Sager im Anschluss. Er forderte ein Spitzengespräch mit Scholz. „Wir brauchen jetzt dringend Entlastungen.“ Der Druck auf die Kommunen werde täglich größer. Wohnraum sei begrenzt, und es werde immer schwieriger, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zu finden. Daher sei auch beim Umgang mit Flüchtlingen eine „Zeitenwende“ erforderlich. So müsse sich auch Deutschland dem Schutz der EU-Außengrenzen verschreiben.
Die Zahl der Asylanträge in Deutschland hatte bereits vergangenes Jahr deutlich zugenommen. Laut Bundesinnenministerium wurden 2022 insgesamt 244.132 Asylanträge gestellt und damit 27,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zudem kamen mehr als eine Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, überwiegend Frauen und Kinder. Der steigende Trend ist nach wie vor ungebrochen, weshalb viele Kommunen zunehmend klagen, die Lage nicht mehr bewältigen zu können. „Die Stimmung im Land, … die droht zu kippen“, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth nach dem Treffen in Berlin. „Deshalb ist es notwendig, dass wir schnell Lösungen finden“, betonte der CDU-Politiker.
„NEUE WEGE“
Mit Blick auf die steigenden Zahlen der Asylsuchenden etwa aus der Türkei, Syrien oder Afghanistan verwies Faeser auf die jüngste Vereinbarung der EU-Staats- und Regierungschefs, den Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union zu stärken. Zudem müsse es eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber geben. Dazu soll der neue Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, der FDP-Politiker Joachim Stamp, entsprechende Abkommen mit Drittstaaten aushandeln. Es sei jetzt notwendig, „neue Wege“ zu gehen, sagte Stamp auf der Pressekonferenz nach dem Spitzentreffen. In den Abkommen sollen einerseits Rückführungen und andererseits der Zuzug von in Deutschland benötigten Fachkräften geklärt werden.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag ergibt sich aus der Ukraine für 2022 eine Nettozuwanderung nach Deutschland von 962.000 Menschen. Der Wert war damit größer als der zu Syrien, Afghanistan und dem Irak in den Jahren 2014 bis 2016 zusammen (834.000). Die Zahl der Ukrainer in Deutschland habe sich damit mehr als versiebenfacht (plus 639 Prozent). Der Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer an der Gesamtbevölkerung erhöhte sich dadurch von 0,2 auf 1,2 Prozent. Ukrainische Staatsangehörige waren damit nach türkischen Staatsangehörigen (1,6 Prozent oder 1,33 Millionen) die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland.
Spitzentreffen zu Flüchtlingen in Deutschland – „Große Enttäuschung“
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von jhenning auf Pixabay
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