Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der rasante Zuwachs von Cannabis-Verschreibungen via Privatrezept besorgt Bundestagsabgeordnete von SPD und Union. „Wir beobachten, dass es auf einmal Online-Plattformen gibt, auf denen man, wenn man genug Dinge wie Schlafstörungen, Depressionen angibt, sofort ein Rezept ausgestellt bekommt, ohne einmal einen Arzt persönlich gesehen zu haben“, sagte SPD-Innenpolitikerin Carmen Wegge dem Onlineportal des Senders ntv. „Das war nicht die Absicht des Gesetzgebers, um das sehr deutlich zu sagen.“
Mit der Legalisierung zum 1. April ist Cannabis aus der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung gestrichen worden. Ärzte können seither deutlich einfacher Medizinalcannabis verschreiben. Auch die Auflagen für Apotheken bei Dokumentation und Lagerung entsprechen nun den Vorgaben üblicher verschreibungspflichtiger Medikamente. Zahlreiche Onlineanbieter vermitteln seither gegen Gebühr Video-Gespräche mit Medizinern, die Cannabis auch bei weniger schwerwiegenden Erkrankungen und Beschwerden verschreiben. Das Geschäft soll rasant wachsen, wie ntv unter Berufung auf beteiligte Unternehmen berichtet.
Aus der Unionsfraktion im Bundestag kommt scharfe Kritik. „Das wäre ein Offenbarungseid der Ampelparteien, wenn sie auf diesem Weg eine kommerzielle Abgabe von Cannabis über die Hintertür ermöglicht haben“, sagte Tino Sorge (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Es könne nicht sein, dass Kiffer sich über Selbstzahler-Rezepte mit Medizinalcannabis versorgen. „Das entspricht einer vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit, wenn die Ampelkoalition einen Graumarkt geschaffen hat und duldet, in dem der Cannabisbedarf durch Medizinalcannabis zur Behandlung angeblicher Krankheiten gedeckt wird.“
Das von Karl Lauterbach (SPD) geführte Bundesgesundheitsministerium teilte mit, dass Ärzte einer „missbräuchlichen Verwendung ihrer Verschreibung keinen Vorschub leisten“ dürften. „Auch Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch in geeigneter Weise entgegenzutreten.“ Das Ministerium habe „weder die Möglichkeit noch die Berechtigung, Angebote ärztlicher Personen im Einzelfall zu überwachen oder zu überprüfen“. Mögliche Verstöße aufzudecken, sei Aufgabe der Aufsichtsbehörden der Bundesländer.
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