Frankfurt, 13. Sep – Eine Bank muss der Finanzaufsicht Bafin zufolge rund 400.000 Regeln beachten und enorme Datenmengen bewegen, um ihren Meldeverpflichtungen an die Aufsichtsbehörde nachzukommen. Trotz des Aufwands beklagen die Aufseher gravierende Informationslücken. Die Bafin, die wegen Finanzskandalen wie Cum-Ex und Wirecard in den vergangenen Jahren in der Kritik stand, strebt nun grundlegende Änderungen bei den Berichtsanforderungen für die Finanzinstitute an. „Wir brauchen ein zeitgemäßes, vollständig digitales Meldewesen“, so Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Bafin-Bankenaufsicht. Im Folgenden die Eckpunkte der geplanten Neuausrichtung:
WARUM WILL DIE BAFIN DAS MELDEWESEN REFORMIEREN?
Das bisherige System basiert auf Meldebögen, die die Institute ausfüllen und der Bafin vorlegen. Doch mit der zunehmenden Komplexität und Dynamik der Geschäftsmodelle reicht das nicht mehr aus. Fälle wie der Milliarden-Bilanzbetrug bei Wirecard zeigen die Schwächen der bisherigen Kontrollsysteme. Über die Notwendigkeit einer Modernisierung habe die Behörde schon vor der Wirecard-Pleite nachgedacht, sagte Adam Ketessidis, Leiter der Systemaufsicht bei der Bafin. Ziel sei es, dass die Aufsicht jederzeit auf Daten der Institute zugreifen, diese effizienter nutzen und schneller auf kritische Entwicklungen reagieren kann.
WAS HAT DIE FINANZAUFSICHT BISHER UNTERNOMMEN?
Die Finanzaufsicht hatte vor, diverse datenbasierte Lösungen auszuprobieren und dabei festzustellen, welcher Ansatz sowohl die Aufsicht als auch Kreditinstitute entlasten könnte. Mit der Idee einer Machbarkeitsstudie sprach die Bafin mehrere Banken an, stieß dabei aber zuerst auf Vorbehalte. Letztendlich bewog wohl die Aussicht auf Kosteneinsparungen die Banken zur Kooperation. Denn das bisherige Verfahren ist teuer, laut der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) kostet der Aufwand die Kreditinstitute jährlich 20 Milliarden Euro.
So folgten neben der Bundesbank die Commerzbank, das Startup N26, die National-Bank AG, die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig und die Volksbank Mittelhessen der Einladung der Bafin, diverse Szenarien einer Modernisierung zu erproben. An der Studie nahmen auch Rechenzentren, IT-Dienstleister und Verbände sowie das Beratungsunternehmen Accenture teil.
WIE STELLT SICH DIE AUFSICHT DIE MODERNISIERUNG VOR?
Im Juli veröffentlichte die Aufsicht die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, und präsentierte einen konkreten Vorschlag zum neuen digitalen Meldewesen. Danach soll das System der Meldebögen abgeschafft werden, stattdessen sollen die Institute ihre Daten an eine zentrale Sammelstelle weiterleiten. Die Aufseher erhoffen sich von der digitalen Vermittlung und Aufarbeitung der Daten Frühwarnindikatoren zu Risiken einzelner Institute. So ließe sich etwa künftig besser vorhersagen, welche Sicherheiten von einem Hochwasser betroffen seien oder welcher Kunde das größte Risikopotenzial berge.
WIE GEHT ES FÜR DIE FINANZINSTITUTE WEITER?
Für Banken und Finanzinstitute in Deutschland, die der Finanzaufsicht unterliegen, wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren noch nichts ändern. Das neue Datenmodell sei „nichts, was man übermorgen umsetzen könne“, sagte Karlheinz Walch, Zentralbereichsleiter Banken und Finanzaufsicht der Deutschen Bundesbank.
Für die Modernisierung der Finanzaufsicht braucht es zunächst eine gemeinsame EU-weite gesetzliche Grundlage, die die deutsche Aufsicht mit ihrem Vorschlag mitgestalten will. „Höchste Priorität hat für uns die europaweite Einigung aller Stakeholder auf ein einheitliches Zielbild“, so ein Sprecher des Bankenverbandes.
So wollen Bafin und Bundesbank die Bankenaufsicht modernisieren
Quelle: Reuters
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