Zürich, 21. Sep (Reuters) – Die Schweizer stimmen am Sonntag erneut über eine Abschaffung von Finanzmarkt-Steuern ab. Die Regierung schlägt vor, dass eine zur Verhinderung von Steuerhinterziehung eingeführte Abgabe auf Anleihe-Zinsen gestrichen wird. Mit der Maßnahme wollen die Regierung, Mitte- und Rechtsparteien sowie Wirtschaftsvertreter das Land für Unternehmen attraktiver machen. Die vor allem aus dem linken Lager stammenden Gegner befürchten neben einer Zunahme der Steuerkriminalität auch Steuerausfälle.
Wenn ein Unternehmen Zinsen auf eine in der Schweiz emittierte Anleihe ausschüttet, gehen davon erst einmal 35 Prozent an die Steuerbehörde. Die Anleger erhalten das Geld allerdings von der Steuerbehörde zurück, sofern sie die Zinseinnahmen in der Steuererklärung offenlegen. Diese sogenannte Verrechnungssteuer wurde geschaffen, um Steuerhinterziehung einzudämmen, denn die Behörden haben keine Einsicht in die Bankkonten.
Die Umsetzung der Verrechnungssteuer ist für Anleger und Unternehmen allerdings mit administrativem Aufwand verbunden, so dass immer mehr Schweizer Unternehmen die Anleihen im Ausland ausgeben, wo ihnen eine entsprechende Steuer erspart bleibt. Besonders beliebt für solche Emissionen ist Luxemburg. Um die Transaktionen abzuwickeln, haben Unternehmen, Investoren und Banken Personal im Ausland eingestellt. Sollte die Verrechnungssteuer abgeschafft werden, dürften diese Arbeitsplätze der Regierung zufolge in die Schweiz verschoben werden und dort für so viel Steuereinnahmen sorgen, dass die Kosten der Reform innerhalb von fünf Jahren gedeckt sein sollen. Die Gegner befürchten dagegen Steuerausfälle von jährlich bis zu 800 Millionen Franken. Zudem würden mit dem Vorschlag die rund 200 Konzerne bevorteilt, denn kleinere Unternehmen finanzierten sich nicht über Anleihen.
Anfang des Jahres hatten sich Linksparteien in der traditionell eigentlich wirtschaftsfreundlichen Schweiz mit einer ähnlichen Argumentation bereits klar gegen die von der Regierung vorgeschlagene Abschaffung einer Wertpapier-Emissionsabgabe ausgesprochen. Bei der Abstimmung zur Verrechnungssteuer zeichnet sich Umfragen zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Auch die geplante Reform der Altersversicherung, die unter anderem eine Anhebung des Rentenalters für Frauen auf 65 von 64 Jahren vorsieht, ist hart umkämpft. Eine Abfuhr dürften dagegen eine Volksinitiative erleiden, die die Massentierhaltung verbieten und den Schutz der Würde von Rindern, Hühnern und Schweinen in die Verfassung aufnehmen will.
Schweizer stimmen über Steuerhinterziehungs-Lücke ab
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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