Berlin, 09. Nov (Reuters) – Die Bundesregierung untersagt den Verkauf der Waferproduktion des Dortmunder Chipherstellers ElmosELGG.DE und der bayerischen Firma ERS Electronic an chinesische Investoren. Diese Entscheidung hat das Bundeskabinett am Mittwoch getroffen. „Natürlich ist und bleibt Deutschland ein offener Investitionsstandort, aber wir sind eben auch nicht naiv“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach dem Kabinett zu den Investitionsprüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz. Während aus der SPD und der FDP Zustimmung kam, mahnte Chinas Regierung Offenheit für chinesische Investitionen an.
Habeck kündigte darüber hinaus an, dass die Bundesregierung ihr Instrumentarium in der China-Strategie überarbeiten wolle. Dies betreffe auch staatliche Investitions- und Exportgarantien. Die frühere Annahme, dass sich Wirtschaft und Politik trennen ließen, sei überholt, sagte Habeck und verwies auf eine sehr strategische Ausrichtung des kommunistischen Chinas in seiner Übernahmepolitik ausländischer Firmen. Kanzler Olaf Scholz hatte vergangenen Freitag bei einem Besuch in Peking angekündigt, dass man Anhängigkeiten von China abbauen wolle. Das Land bleibe aber ein wichtiger Wirtschaftspartner.
ELMOS ANDERS ALS COSCO
Anders als zuletzt beim Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in eine Betreibergesellschaft an einem Terminal im Hamburger Hafen war die Entscheidung innerhalb der Regierung am Ende unstrittig. Hintergrund ist auch, dass die US-Regierung China gerade bei der Halbleitertechnologie den Zugang beschränken möchte. Allerdings werden in der Dortmunder Fabrik keine Hightech-Wafer für modernste Chips hergestellt. Elmos entwickelt, produziert und vertreibt Halbleiter vornehmlich für den Einsatz im Auto.
Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hatte das Verbot deshalb kritisiert. Nun stünden 225 Arbeitsplätze auf der Kippe, denn es sei unklar, ob ohne den Einstieg der Chinesen die Produktion langfristig fortgesetzt werde, zitierten Lokalmedien Westphal.
Elmos selbst hatte am Montagabend mitgeteilt, dass der Verkauf der Elmos Waferfertigung an die schwedische Silex Microsystems AB wohl untersagt werden würde. Silex ist eine Tochter der chinesischen Sai Microelectronics300456.SZ. Wafer sind Silizium-Scheiben für die Chipproduktion. ERS Electronic wiederum bietet nach eigenen Angaben thermische Testverfahren für die Halbleiterproduktion an.
Hilfen für Elmos kündigte der Wirtschaftsminister nach dem abgesagte Verkauf des Dortmunder Werks nicht an. Man bemühe sich aber, die Halbleiter-Technologie in Europa und Deutschland zu stärken, sagte Habeck. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, dass Elmos bereits staatliche Hilfe erhalten habe.
WEITGEHENDE ZUSTIMMUNG ZU ENTSCHEIDUNG
Zustimmung kam vom Koalitionspartner. „Es ist folgerichtig, die Übernahme der Elmos-Teilsparte zu untersagen“, sagte SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz zu Reuters. „Mit der Untersagung schiebt die Bundesregierung dem Ausverkauf von Schlüsseltechnologien einen klaren Riegel vor.“ Die Chipproduktion sei ein besonders kritischer Zukunftsmarkt. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Entscheidung begrüßt.
Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte Wirtschaftsminister Habeck bereits am 3. November aufgefordert, die Genehmigung nicht zu erteilen. „Im konkreten Fall sehen wir aufgrund der Käuferstruktur eine konkrete potenzielle Gefahr des Know-How-Transfers“, heißt es in einem Reuters vorliegenden Schreiben der FDP-Politikerin an Habeck. Sie verwies darauf, dass auch eine weitere Zusammenarbeit mit einem außeruniversitären Forschungsinstitut vorgesehen gewesen sei. „Damit besteht die Gefahr, dass zusätzliches Know-How durch Sai Microelectronics Inc erworben wird.“ Auch das Kanzleramt hatte – anders als bei Cosco – Vorbehalte gegen den Verkauf.
Am Dienstag hatte es im Wirtschaftsministerium geheißen, dass der Erwerb von Elmos eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Deutschland darstelle. Derzeit liefen 17 Prüfverfahren nach dem nationalen Außenwirtschaftsgesetz mit Beteiligung chinesischer Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, hieß es im Ministerium. Insgesamt würden 44 Vorgänge mit Interessenten aus dem Nicht-EU-Ausland untersucht.
Ohne konkret auf die beiden Fälle Bezug zu nehmen, mahnte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking, dass „alle Länder, einschließlich Deutschland, ein faires, offenes und diskriminierungsfreies Marktumfeld für den normalen Betrieb chinesischer Unternehmen schaffen und von einer Politisierung der normalen Wirtschafts- und Handelskooperation Abstand nehmen sollten“. Er kritisierte besonders „Protektionismus aus Gründen der nationalen Sicherheit“.
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Michael Schwarzenberger auf Pixabay
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