Frankfurt, 26. Mai (Reuters) – Die Aussicht auf umsichtige Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed lässt europäische Anleger aufatmen. Mut machten ihnen außerdem starke Firmenbilanzen von US-Einzelhändlern. Dax und EuroStoxx50 stiegen am Donnerstag um jeweils mehr als eineinhalb Prozent auf 14.231,29 beziehungsweise 3747,21 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones rückte ähnlich stark vor.
Die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung signalisierten weitere Zinsschritte von jeweils einem halben Prozentpunkt in den kommenden Monaten. „Anleger sind offenbar erleichtert, dass die Fed keine aggressiveren Erhöhungen angedeutet hat, obwohl die Inflation hoch bleibt“, sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital.
Darüber hinaus lasen Börsianer aus den sogenannten Minutes heraus, dass die Fed an einem bestimmten Punkt ihren Zinserhöhungszyklus unterbrechen könne, um dessen Wirkung zu beurteilen. Am wahrscheinlichsten sei, dass die Geldpolitik anschließend behutsamer gestrafft werde, prognostizierte Paul Donovan, Chef-Volkswirt der Vermögensverwaltung der Bank UBS. In den vergangenen Monaten hatten Experten wiederholt gewarnt, dass anhaltend kräftige Zinserhöhungen der Fed die weltgrößte Volkswirtschaft in eine Rezession stürzen könnten.
Vor diesem Hintergrund blieb der Dollar-Index=USD, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, mit 101,85 Punkten nur knapp über seinem Vier-Wochen-Tief vom Dienstag. Im Gegenzug legte der Euro 0,4 Prozent auf 1,0724 Dollar zu.
ÖLPREIS STEIGT – BRITISCHE SONDERSTEUER LÄSST ÖLWERTE KALT
Die Rohöl-Sorte BrentLCOc1 aus der Nordsee verteuerte sich um 2,8 Prozent auf 117,19 Dollar je Barrel (159 Liter). Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht, sagte Analyst Tamas Varga vom Brokerhaus PVM. Die Sommerfahrsaison in den USA und ein EU-Embargo russischer Öllieferungen stünden vor der Tür. Das hievte den Index für die europäische Öl- und Gasbranche.SXEP zeitweise auf ein Drei-Jahres-Hoch von 349,94 Punkten.
Daran änderte auch die geplante britische Sondersteuer für Energiekonzerne in Höhe von 25 Prozent nichts. Die Titel von BP und Shell erreichten mit 434,6 beziehungsweise 2413 Pence zeitweise die höchsten Stände seit etwa zweieinhalb Jahren. „Das ist zwar keine gute Nachricht für Aktionäre, aber es beseitigt die Unsicherheit“, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.
KAUFHAUSKETTE MACY’S ÜBERRASCHT MIT PROGNOSE-ANHEBUNG
Gefragt waren auch Einzelhandelswerte, nachdem Macy’s einen optimistischen Ausblick geliefert hatte. Der Gewinn der Kaufhauskette habe im abgelaufenen Quartal mit 1,08 Dollar je Aktie die Erwartungen übertroffen, lobte Analystin Stephanie Wissink von der Investmentbank Jefferies. Gleiches gelte für das angehobene Gesamtjahresziel von 4,53 bis 4,95 Dollar je Aktie. Macy-Titel stiegen daraufhin an der Wall Street um fast 17 Prozent. In ihrem Windschatten rückte der europäische Einzelhandelsindex.SXRP knapp fünf Prozent vor.
Wegen des anhaltenden Gerangels um die Übernahme durch Elon Musk rückte Twitter erneut ins Rampenlicht. Mit der Ankündigung eines neuen Finanzierungsmix‘ wolle der Chef des Elektroautobauers Tesla den Deal offenbar über die Ziellinie bringen, sagten Börsianer. Mitte Mai hatte der Milliardär die Akquisition auf Eis gelegt und dies mit fehlenden Informationen zur Zahl der Spam- und Falschkonten bei Twitter begründet. Twitter-Aktien legten 5,3 Prozent zu.
Protokolle schieben Europas Börsen an
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