Frankfurt, 26. Sep – Der Absturz des britischen Pfunds auf ein Rekordtief und der Rechtsruck in Italien lassen den Euro auf ein 20-Jahres-Tief absacken. Auch die heimischen Aktienmärkte gaben am Montag nach dem Ausverkauf der vergangenen Woche in unruhigem Handel erneut leicht nach. Der Dax fiel um einen halben Prozentpunkt auf 12.228 Punkte, der EuroStoxx50 sank leicht auf 3343 Zähler. An der Wall Street zeigten sich die Anleger angesichts der wachsenden Rezessionssorgen ebenfalls verhalten.
Die geplanten Steuersenkungen der britischen Regierung sowie die angekündigten Hilfen wegen der sprunghaft gestiegenen Energiepreise ließen die britische Währung zwischenzeitlich um bis zu fünf Prozent auf ein Rekordtief von 1,0327 Dollar abstürzen. „Die Reaktionen des Marktes zeigen, dass die Anleger das Vertrauen in das Vorgehen der Regierung verloren haben, was zu einer Volatilität führte, die das Pfund auf eine Stufe mit einigen Schwellenländern stellt“, sagte Fiona Cincotta, Finanzmarktanalystin bei City Index. „Es besteht eine gute Chance, dass die Bank of England nun gezwungen sein wird, die Zinssätze in der kommenden Novembersitzung aggressiv anzuheben, wenn nicht vorher eine Notmaßnahme ergriffen wird.“
Die Bank of England erklärte am Abend, sie werde nicht zögern, die Zinssätze zu erhöhen, falls dies notwendig sei, um das Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen. „Die Bank beobachtet die Entwicklungen an den Finanzmärkten angesichts der erheblichen Neubewertung von Finanzanlagen sehr genau“, hieß es weiter. Die Erklärung schickte das Pfund erneut auf Talfahrt, nachdem es zuvor seine Verluste wieder wett gemacht hatte.
Zweifel an der Nachhaltigkeit der britischen Staatsfinanzen führten auch zu einem Ausverkauf bei britischen Staatsanleihen. Die steigenden Renditen in Großbritannien trieben zugleich die Renditen in der Euro-Zone in die Höhe. Die Rendite der zehnjährigen BundesanleiheDE10YT=RR erreichte mit 2,132 Prozent den höchsten Stand seit Dezember 2011.
WAS BEDEUTET ITALIENS RECHTSRUCK FÜR EUROPA?
Die Talfahrt des Pfunds und der Sieg des Rechtsbündnisses bei der Parlamentswahl in Italien ließen den EuroEUR= auf ein 20-Jahres-Tief von 0,9565 Dollar sacken. „Auch wenn sich das Rechtsbündnis offiziell zur EU bekennt, der politische Gegenwind aus Italien wird größer werden“, warnte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.
„Es ist gut möglich, dass Investoren jetzt die Bereitschaft der EZB testen werden, gegen steigende Zinsen in Italien vorzugehen“, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. „Die Renditeentwicklung italienischer Staatsanleihen wird damit zum Gradmesser für die Unsicherheit, die sich am Markt jetzt ausbreitet.“
Dagegen griffen Aktienanleger in Italien nach dem Sieg des Rechtsbündnisses bei der italienischen Parlamentswahl zu. Der Leitindex der Mailänder Börse.FTMIB stieg um knapp ein Prozent. „Insgesamt ist das Ergebnis marktfreundlicher als befürchtet“, sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital. Zu den größten Kursgewinnern im Mailänder Leitindex gehörte Telecom ItaliaTLIT.MI mit einem Kursplus von bis zu 7,4 Prozent. Die Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) der voraussichtlichen neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni plädierte für eine Verstaatlichung des Ex-Monopolisten.
ROHSTOFFE GEBEN NACH
An den Rohstoffmärkten dominierten unterdessen die Rezessionsängste. Außerdem macht die aktuelle Stärke des Dollar.DXY diese Anlageklasse für Investoren außerhalb der USA unattraktiver. Die Rohöl-Sorte BrentLCOc1 aus der Nordsee verbilligte sich um fast zwei Prozent auf 84,55 Dollar je Barrel (159 Liter); der Preis für das Industriemetall KupferCMCU3 sank um 1,3 Prozent auf 7339 Dollar je Tonne. Beim Erdgas entspannte sich die Lage weiter. Der europäische Future fiel um gut vier Prozent auf 173 Euro je Megawattstunde.
Nach dem Kursverfall der vergangenen Monate stiegen Anleger wieder bei Uniper ein. Die Aktien des Gasversorgers zogen rund 23 Prozent auf 4,34 Euro an, nachdem sie in der vergangenen Woche auf ein Rekordtief von 2,55 Euro gefallen waren. Das Unternehmen ist wegen ausbleibender russischer Lieferungen in Schieflage geraten und wird verstaatlicht.
Pfund-Absturz und Rechtsruck in Italien reißen Euro mit
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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