Frankfurt, 26. Sep – Der Absturz des britischen PfundsGBP= auf ein Rekordtief und der Rechtsruck in Italien lassen den Euro auf ein 20-Jahres-Tief absacken. Die heimischen Aktienmärkte stabilisierten sich dagegen nach dem Ausverkauf der vergangenen Woche. Dax.GDAXI und EuroStoxx50.STOXX50E notierten zum Wochenauftakt kaum verändert bei 12.286 und 3351 Punkten. Offenbar kehrten einige Investoren auf der Suche nach Schnäppchen zurück, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. An der Wall Street deuteten die US-Futures dagegen auf einen schwächeren Handelsauftakt hin.
Die geplanten Steuersenkungen der britischen Regierung sowie die angekündigten Hilfen wegen der sprunghaft gestiegenen Energiepreise ließen die britische Währung zwischenzeitlich um bis zu fünf Prozent auf ein Rekordtief von 1,0327 Dollar abstürzen. „Die deutlichen Steuersenkungen, die vom Finanzminister angekündigt wurden, bereiten dem Devisenmarkt mit Blick auf die steigende Staatsverschuldung große Sorgen“, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Dem müsse sich die Bank von England mit einer außerplanmäßigen Zinserhöhung – am besten um einen vollen Prozentpunkt – entgegenstellen, so Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. „Nicht zu handeln wäre vorsätzliche Unterlassung.“ Die Spekulationen auf eine außerplanmäßige Zinserhöhung führten dazu, dass das Pfund seine Verluste im Handelsverlauf deutlich eingrenzte und wieder oberhalb von 1,09 Dollar notierte.
WAS BEDEUTET ITALIENS RECHTSRUCK FÜR EUROPA?
Nach dem Sieg des Rechtsbündnisses bei der Parlamentswahl in Italien ging es auch für den EuroEUR= abwärts. Er fiel um bis zu 1,3 Prozent auf ein 20-Jahres-Tief von 0,9565 Dollar. „Auch wenn sich das Rechtsbündnis offiziell zur EU bekennt, der politische Gegenwind aus Italien wird größer werden“, warnte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.
„Es ist gut möglich, dass Investoren jetzt die Bereitschaft der EZB testen werden, gegen steigende Zinsen in Italien vorzugehen“, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. „Die Renditeentwicklung italienischer Staatsanleihen wird damit zum Gradmesser für die Unsicherheit, die sich am Markt jetzt ausbreitet.“
Die Verkäufe italienischer Bonds trieben zwar die Rendite der zehnjährigenIT10YT=RR Titel auf ein Neun-Jahres-Hoch von 4,497 Prozent. Im Vergleich zu den Anleihen anderer europäischer Staaten fiel die Bewegung jedoch vergleichsweise gering aus, weil auch diese wegen der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen der EZB und einer drohenden Rezession unter Druck standen. Grund für die moderate Kursreaktion sei das recht schwache Abschneiden der Lega, die am EU-kritischsten sei, sagte Fondsmanager Giuseppe Sersale vom Vermögensverwalter Anthilia.
ROHSTOFFE BILLIGER – ITALIENISCHE AKTIEN GEFRAGT
An den Rohstoffmärkten spielten die Rezessionsängste die Hauptrolle. Außerdem macht die aktuelle Stärke des Dollar.DXY diese Anlageklasse für Investoren außerhalb der USA unattraktiver. Die Rohöl-Sorte BrentLCOc1 aus der Nordsee und das Industriemetall KupferCMCU3 verbilligten sich um jeweils etwa ein Prozent auf 85,49 Dollar je Barrel (159 Liter) beziehungsweise 7354 Dollar je Tonne. Beim Erdgas entspannte sich die Lage weiter. Der europäische FutureTRNLTTFMc1 fiel um drei Prozent auf 175,40 Euro je Megawattstunde.
Nach dem Kursverfall der vergangenen Monate stiegen Anleger wieder bei UniperUN01.DE ein. Die Aktien des Gasversorgers zogen rund 16 Prozent auf 4,10 Euro an, nachdem sie in der vergangenen Woche auf ein Rekordtief von 2,55 Euro gefallen waren. Das Unternehmen ist wegen ausbleibender russischer Lieferungen in Schieflage geraten und wird verstaatlicht.
Auch in Italien griffen Aktienanleger nach dem Sieg des Rechtsbündnisses bei der italienischen Parlamentswahl zu. Der Leitindex der Mailänder Börse.FTMIB stieg in der Spitze um 1,5 Prozent. „Insgesamt ist das Ergebnis marktfreundlicher als befürchtet“, sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital. Spitzenreiter im Mailänder Leitindex war Telecom ItaliaTLIT.MI mit einem Kursplus von bis zu 7,4 Prozent. Die Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) der voraussichtlichen neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni plädierte für eine Verstaatlichung des Ex-Monopolisten.
Pfund-Absturz und Rechtsruck in Italien reißen Euro mit
Quelle: Reuters
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