Washington, 14. Mrz – Die Inflation in den USA schwächt sich spürbar ab. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im Februar auf 6,0 Prozent von 6,4 Prozent im Januar, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten mit dem Rückgang gerechnet. Es war bereits der achte in Folge. Doch das Ziel der Notenbank Federal Reserve einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent ist auch nach einer Serie von Zinserhöhungen noch längst nicht in Sicht.
Analysten sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
CHRISTOPH BALZ UND BERND WEIDENSTEINER, COMMERZBANK:
„Die jüngste Krise um die Pleite der Silicon Valley Bank hat es zwar in den Hintergrund gedrückt, aber der Inflationsdruck in den USA bleibt viel zu hoch. Die heutigen Inflationszahlen und die am Freitag veröffentlichten starken Arbeitsmarktdaten hätten einen womöglich großen Zinsschritt der Fed auf der Sitzung nächste Woche eigentlich besiegelt. Jetzt muss die Fed kurzfristig eine Abwägung zwischen einer im Hinblick auf das Erreichen ihres Inflationsziels gebotenen Zinserhöhung und den dadurch möglicherweise verursachten Risiken für fragile Banken treffen. Wie diese Abschätzung ausfällt, lässt sich noch nicht sicher beurteilen. Allerdings ist ein großer Zinsschritt wohl vom Tisch, und selbst ein kleiner ist unsicher geworden.“
AICHI AMEMIYA UND JACOB MEYER, VOLKSWIRTE NOMURA, NEW YORK:
„Als Reaktion auf die sich abzeichnenden Risiken für die Finanzstabilität erwarten wir nun, dass die Fed die Zinssätze auf ihrer Sitzung im März um 0,25 Prozentpunkte senkt, während wir seit dem 24. Februar, also bereits vor der Aussage des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell in der vergangenen Woche, noch eine Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte erwartet hatten. Auch wenn eine Zinssenkung um 25 Basispunkte kein Allheilmittel für die Finanzinstitute zu sein scheint, könnten die Märkte schnell weitere Zinssenkungen einpreisen, wenn die Fed in der Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen weitere Zinssenkungen ankündigt. Dies könnte das Risiko weiterer ‚Bank Runs‘ etwas verringern und die nicht realisierten Kapitalverluste reduzieren. Wir erwarten zudem, dass die Fed die quantitative Straffung beenden wird. Obwohl die Wahl zwischen Einlagen und nicht-einlagenbasierten Anlageformen wie Geldmarktfonds für die Banken von Bedeutung ist, dürfte die Beendigung der quantitativen Straffung dazu beitragen, dass die Reserven in größerem Umfang zur Verfügung stehen, als dies sonst der Fall wäre.“
RALF UMLAUF, HELABA:
„Die Preisentwicklung bleibt unerwartet hoch und wegen des monatlichen Zuwachses kommen die Basiseffekte kaum zum Tragen. Insbesondere der über den Erwartungen liegende monatliche Anstieg der Kernpreise dürfte der Fed vor der nächsten Sitzung in der kommenden Woche Kopfschmerzen verursachen. Vor dem Hintergrund der Bankenkrise ist eher Zurückhaltung beim Zinstempo zu empfehlen, die Inflation aber drängt zur Eile. Nach wie vor ist es eine Gratwanderung für die Fed, und die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass das Risiko von Fehltritten dabei sehr hoch ist. Das wahrscheinlichste Szenario ist wohl eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte, wenngleich dies aktuell nicht vollständig eingepreist ist.“
THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:
„Wunder Punkt bleibt derweil der nur zaghafte Rückgang der Kerninflationsrate. Der Rückgang der Inflationsrate ist eine gute Nachricht für die Fed. Die Notwendigkeit einer neuen Erhöhung des Zinsanhebungstempos besteht nicht. Dies ist in Zeiten des Finanzmarktstresses eine sehr gute Nachricht. Die Fed war in den vergangenen Wochen zu nervös. Die Zinsanhebungen werden ihre Wirkung nicht verfehlen. Dass die Geldpolitik wirkt und auch das wirtschaftliche Gebälk zum Knirschen bringen kann, zeigt die Schieflage der beiden US-Banken SVB und Signature. Die US-Währungshüter sollten nicht den Fehler begehen, mit einem beschleunigten Zinsanhebungstempo zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Die Inflationsraten werden in den kommenden Monaten weiter deutlich fallen. Gleichzeitig wird auch die US-Wirtschaft unter den Zinsanhebungen leiden. Wir bleiben dabei: Die Fed wird im März noch eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte vollstrecken. Danach ist dann Schluss.“
BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
„Die US-Kerninflationsrate ist hartnäckig hoch. Der weitere Rückgang bleibt zäh wie Kaugummi. Um das Inflationsproblem in den Griff zu bekommen, müsste die US-Notenbank ihre Leitzinsen noch deutlicher anheben. Wegen des aktuellen Banken-Stresses ist die Fed in einer Zwickmühle: Inflationsbekämpfung oder Finanzmarktstabilität? In welchem Ausmaß die Fed die Leitzinsen am 22. März anhebt, weiß sie auch in den nächsten Tagen noch nicht. Bleibt die Lage angespannt, sieht es nach einer Zinspause aus.“
Ökonomen zum achten Rückgang in Folge bei der US-Inflation
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Jo Wiggijo auf Pixabay
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