Mittwoch, Dezember 18, 2024
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Niedersachsen will Vorkasse-Prinzip bei Flugreisen kippen

Berlin, 16. Sep (Reuters) – Niedersachsen will mit einer Bundesratsinitiative das Prinzip der Vorkasse bei Flugreisen kippen. Künftig sollen Passagiere den Flug erst beim Check-In bezahlen und nicht schon Wochen oder gar Monate im Voraus bei der Buchung, wie die Landesregierung von SPD und CDU am Freitag zu einem Antrag in der Länderkammer erläuterte. Die bisherige Praxis begünstige die Airlines einseitig, „indem sie sich von den Reisenden zinslose Darlehen geben lassen“, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident und Landesverkehrsminister Bernd Althusmann (CDU). Der Vorstoß bekommt viel Rückendeckung von Verbraucherschützern. Die Luftfahrtbranche hingegen warnt vor mangelnder Planungssicherheit. Zudem würden Frühbucherrabatte wegfallen und das Fliegen letztlich teurer werden.

Flugausfälle, auf die Reisende keinerlei Einfluss hätten, dürften nicht zu einem zusätzlichen Aufwand für die Betroffenen führen, kritisierte Althusmann. Die bisherige Praxis habe in den vergangenen Jahren bereits öfters zu erheblichen Problemen für Reisende geführt. Vor allem beim Ausfall von Flügen müssten Passagiere die geleistete Vorkasse einzeln zurückzufordern. Zudem verwies Althusmann auf die Insolvenzen von Air Berlin und Germania, wo Rückforderungen ganz gescheitert seien. Auch während des Flugchaos in diesem Sommer, als Airlines tausende Verbindungen wegen Personalmangels strichen, seien Reisende gezwungen gewesen, ihre Ansprüche auf Rückzahlung der bezahlten Flugtickets geltend zu machen.

„Ein Vorkasseverbot wird das bisherige System der Preisfindung nicht beeinträchtigen“, betonte Althusmann. Keine Fluggesellschaft müsse fürchten, dass Passagiere nach einer frühen Buchung nicht am Flughafen erschienen. Denn auch ein Vorkasseverbot verpflichte die Reisenden dazu, die gebuchten Tickets zu zahlen. Während des Flugchaos im Sommer hatte Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) bereits angedroht, dass Vorkasse womöglich nicht sinnvoll sei, wenn die Erstattung der Airlines nach dem Ausfall tausender Flüge nicht rund laufe.Read full story

BRANCHE WILL WEITER VORKASSE

Für die Luftfahrt wäre eine Kehrtwende ein schwerer Schlag. Die Branche argumentiert, dass Vorkasse international üblich sei und Airlines dadurch wichtige Planungssicherheit hätten. Würde das geändert, würde das Ausfallrisiko größer und damit Tickets teurer. Denn Frühbucherrabatte seien dann nicht mehr möglich, erklärte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow vom Lobbyverband BDL. Auch die LufthansaLHAG.DEhält ein Vorkasseverbot für „wenig zielführend“.

Verbraucherschützer plädieren schon länger für mehr Rechte der Reisenden und sehen das aktuelle Verfahren ebenfalls als zinslosen Kredit für Airlines. „Es ist nicht nachvollziehbar, wieso Pauschalreisende anders behandelt werden als Fluggäste und bei der Flugbuchung der komplette Ticketpreis fällig wird“, sagte Reise-Expertin Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) der Nachrichtenagentur Reuters. Bei einer Pauschalreise müsse die Zahlung nur gestaffelt geleistet werden – nach Rechtsprechung des BGH rund 20 Prozent bei Buchung und der Rest 30 Tage vor Reisebeginn. Deshalb sei es wichtig, in einem ersten Schritt diese Regelungen anzugleichen. Es sei angebracht, „dass Fluggäste maximal eine Anzahlung mit der Buchung der Flüge und die Restzahlung erst unmittelbar vor Reiseantritt, zum Beispiel beim Check-In, leisten müssen“. Mit Wegfall der Vorkasse würde Fliegen einem Gutachten zufolge rund 3,3 Prozent teurer, sagte Jungbluth. Aber einer VZBV-Umfrage zufolge seien 75 Prozent der Deutschen bereit, für mehr Sicherheit mehr zu zahlen.

Über den Entschließungsantrag von Niedersachsen werden nun die Fachausschüsse der Länderkammer beraten. Danach stimmt das Plenum darüber ab, ob der Bundesrat die Entschließung fassen und die Bundesregierung zum Handeln auffordern soll.

Niedersachsen will Vorkasse-Prinzip bei Flugreisen kippen

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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