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Kabul/Brüssel, 25. Dez (Reuters) – Nach der weiteren Einschränkung von Frauenrechten durch die Taliban-Regierung in Afghanistan setzen mehrere internationale Hilfsorganisationen ihre Arbeit im Land vorerst aus. Die drei Nichtregierungsorganisationen (NGO) Save the Children, Care International und Norwegian Refugee Council teilten am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung mit, ihre Programme würden auf Eis gelegt, da man auf Klarheit über die Anordnung der Regierung warte. Diese hatte am Samstag alle in- und ausländischen NGOs angewiesen, ihrem weiblichen Personal bis auf weiteres den Gang zur Arbeit zu untersagen. Begründet wurde dies damit, dass sich einige Frauen nicht an die vorgegebene Auslegung der islamischen Kleiderordnung gehalten hätten. Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kritisierten das Verbot scharf.
„Ohne unsere weiblichen Mitarbeiter können wir Kinder, Frauen und Männer in Afghanistan in ihrer Not nicht wirksam erreichen“, erklärten die drei NGOs am Sonntag. Ohne die Frauen hätten seit August 2021 Millionen Bedürftige nicht erreicht werden können, hieß es zudem. Zuvor hatte die bereits die Hilfsorganisation AfghanAid mitgeteilt, sie stelle ihre Arbeit ab sofort ein. Andere NGOs hätten ähnliche Maßnahmen ergriffen. Derzeit ist den Organisationen zufolge mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Afghanistan warnte vor „katastrophalen humanitären Folgen auf kurze und lange Sicht“.
Ein Sprecher der Taliban-Regierung wies Kritik zurück und erklärte, alle Institutionen, die in Afghanistan tätig sein wollten, seien verpflichtet, die Regeln des Landes einzuhalten.
Der EU-Aupenbeauftragte Borrell erklärte, er sei entsetzt über die Entscheidung. Die Taliban müssten das Verbot unverzüglich wieder aufheben, da sie verpflichtet seien, das humanitäre Völkerrecht und die humanitären Grundsätze zu achten. „Gemeinsam mit anderen Gebern von Hilfe für das afghanische Volk wird die EU abwägen müssen, welche Folgen diese Entscheidung und die jüngste Entscheidung der Taliban, die Universitäten für Frauen zu schließen, für ihr Engagement mit unseren Ländern und Organisationen haben werden“, so Borrell. Baerbock teilte mit, man werde nicht akzeptieren, dass die Taliban die Humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machten. „Sie rauben der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brechen humanitäre Prinzipien und gefährden die lebenswichtige Versorgung der Menschen.“ Deutschland setze sich für eine deutliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft ein.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Taliban mit sofortiger Wirkung die Studentinnen des Landes von den privaten und öffentlichen Universitäten ausgeschlossen. Die USA und Großbritannien hatten den Schritt verurteilt. „Die Taliban können nicht erwarten, ein legitimes Mitglied der internationalen Gemeinschaft zu werden, so lange sie nicht die Rechte aller Afghanen respektieren, insbesondere die Menschenrechte und die Grundfreiheit von Frauen und Mädchen“, hatte der US-Vertreter Robert Wood gesagt. Kleinere Gruppen afghanischer Frauen hatten zur Wochenmitte gegen das Verbot offen demonstriert.
Die Islamisten sind in Afghanistan seit dem Rückzug westlicher Kräfte im August 2021 wieder an der Macht. Ihre Regierung wird international nicht anerkannt und ist mit Sanktionen belegt.
NGOs in Afghanistan stellen Arbeit nach neuem Taliban-Vorstoß gegen Frauen ein
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von David Mark auf Pixabay
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