Dienstag, Oktober 22, 2024
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Niemals gegen den eigenen Plan handeln

Nur wenigen gelingt es wie Nazila Jafari, langfristig überdurchschnittliche Renditen am Kapitalmarkt zu erzielen. Mit ihrer ausgeklügelten und regelbasierten Börsenstrategie erzielt die Geschäftsführerin der Jafari Consulting GmbH seit nunmehr rund einem Vierteljahrhundert bemerkenswerte Erfolge. Im Interview erklärt sie, wie ihr das gelingt und warum es für Anleger so wichtig ist, Korrekturen zu erkennen und zu verstehen, wann es sich lohnt, am Markt zu bleiben oder eine defensivere Position einzunehmen.

Hallo Frau Jafari, können Sie uns ein wenig über Ihren Hintergrund und wie Sie zum Trading gekommen sind, erzählen?

Nazila Jafari:  Gerne. In meiner Jugend lebte ich für einige Jahre mit meiner Familie in den USA und England. Dort hatte ich die Möglichkeit, mein Interesse an den lokalen Handelsplätzen und Märkten zu vertiefen und mein Wissen darüber weiter auszubauen. Nach meiner kaufmännischen Ausbildung im familieneigenen Unternehmen in der Finanz-, Industrie- und Baubranche trat ich gut vorbereitet in das Berufs- und Unternehmerleben ein.

Von 1990 bis 1999 leitete ich, teilweise als alleinige Geschäftsführerin, mehrere internationale Handelsfirmen. Während dieser Zeit arbeitete ich intensiv an Strategien für Finanzanlagen, getrieben von meiner Leidenschaft für die Börse und Zahlenfolgen, die ich bereits in meiner Jugend entwickelt hatte. Neben dem Trading entwickelte ich in den Jahren mein eigenes Handelssystem, basierend auf den Fibonacci-Zahlen.

Welche Trading-Strategien bevorzugen Sie und warum?

Nazila Jafari:  Ich bevorzuge eine Kombination aus kurz-, mittel- und langfristigen Strategien. Kurzfristige Strategien nutze ich, um einen regelmäßigen Cashflow zu generieren, während ich mittel- und langfristige Positionen für nachhaltige Wertsteigerung halte. Meine bevorzugten Instrumente sind Fibonacci-Retracements, da sie mir helfen, Wahrscheinlichkeiten genau zu berechnen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Diese Ansätze haben sich als sehr zuverlässig erwiesen und ermöglichen es mir, sowohl in steigenden als auch in fallenden Märkten zu profitieren.

Was war Ihr erster großer Erfolg im Trading und wie haben Sie ihn erreicht?

Nazila Jafari:  Meine Stärke ist es, bevorstehende Trends und große Korrekturen in diesen Trends sehr präzise vorherzusehen. Die Zuverlässigkeit meines Systems habe ich in den Jahren 2001- 2002 in mehreren Trader-Wettbewerben bewiesen, darunter bei „wallstreet-online“. Während andere Börsenexperten Verluste zwischen -6% und -39% verzeichneten, erzielte mein Depot innerhalb von vier Monaten einen Zuwachs von über +120%. Für diese Performance erhielt ich mehrere Auszeichnungen von Börsenmagazinen. 2020 habe ich die große Korrektur auf YouTube angekündigt. Ebenso sagte ich im März 2020 die Aufwärtsbewegung, die bevorstehenden Korrekturen Ende 2021 und natürlich die mögliche Trendumkehr in den Jahren 2023 und 2024 voraus.

Und was war Ihr größter Verlust, was haben Sie daraus gelernt?

Nazila Jafari:  Vor etwa 24 Jahren habe ich eine umfassende und sehr genaue Marktanalyse durchgeführt. Wochenlang habe ich den Markt intensiv beobachtet und mein System konsequent angewendet. Irgendwann wurde mir das Warten auf das richtige Signal jedoch zu langweilig. Trotz meiner Analyse und der klaren Strategie habe ich gegen meinen eigenen Plan gehandelt.

Ich dachte mir, wenn der Markt ohnehin steigen soll und ich später an den geplanten Punkten shorten wollte, könnte ich bis dahin mit einen anderen Future Kontrakt kurzfristig long gehen. Also bin ich in den Markt eingestiegen. Der Markt bewegte sich tatsächlich langsam in die von mir erwartete Richtung. Doch dann habe ich für einen Moment das Büro verlassen – ohne einen Stop-Loss zu setzen. Als ich zurückkam, war der Markt plötzlich kerzengerade gefallen. In diesem Moment hatte die Zentralbank etwas veröffentlicht, was zu einem abrupten Markteinbruch führte.

Mein ursprünglicher Plan war völlig richtig, aber ich habe gegen meine eigene Analyse gehandelt und dadurch einen erheblichen Verlust erlitten – etwa 15.000 bis 16.000 Euro. Das Bitterste an dieser Erfahrung war jedoch, dass mein ursprünglicher Plan, wenn ich ihn konsequent verfolgt hätte, zu einem sechsstelligen Gewinn hätte führen müssen. So hat meine unnötige Long Position nicht nur die Gewinne minimiert, sondern auch viel Ärger mit sich gebracht.

Dieser Fehler hat mir eine äußerst wichtige Lektion erteilt:

Niemals gegen den eigenen Plan handeln und immer diszipliniert den festgelegten Prozessen folgen. Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, einen klaren Prozess zu haben und mich nicht von kurzfristigen Impulsen oder Meinungen anderer beeinflussen zu lassen. Dieser Verlust war für mich eine wertvolle Lehre, die ich nie vergessen werde. Heute weiß ich, dass es entscheidend ist, strikt an der eigenen Strategie festzuhalten und nicht aus Emotionen heraus zu agieren.

Diese Erfahrung hat mich gelehrt, dass Disziplin und Prozessorientierung im Trading unerlässlich sind. Seit diesem Vorfall bin ich in solchen Situationen viel vorsichtiger und halte mich strikt an meine eigenen Regeln. Das ist die wichtigste Lektion, die ich aus diesem Verlust gezogen habe.

Wie bewerten Sie die aktuellsten und jüngsten Ereignisse des Aktienmarktes?

Nazila Jafari:  Die Finanzmärkte bestehen aus Hauptbewegungen, die sich in Haupttrends und Korrekturen unterteilen lassen. Diese Dynamik wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Es ist eine Illusion zu glauben, dass es an den Märkten keine Korrekturen geben könnte. Daher ist es entscheidend zu verstehen, wann und wo diese Korrekturen am stärksten auftreten. Selbst wenn die Märkte fundamental in einem Aufwärtstrend sind, was bedeutet, dass Unternehmen an die Börse gehen und ihre Aktienkurse tendenziell steigen, werden dennoch immer wieder Korrekturen auftreten, welche Existenz kosten können.

Betrachtet man die Entwicklungen der letzten Monate, insbesondere seit dem Jahr 2022 nach dem Ukraine-Krieg, so sieht man, dass sich die Märkte stark nach oben bewegt haben. Doch auch in dieser Aufwärtsbewegung gab es bedeutende Korrekturen. Der Markt hat also insgesamt einen Aufwärtstrend verfolgt, jedoch begleitet von systematischen Korrekturen, die man beobachten und entsprechend darauf reagieren konnte.

Seit Ostern stehen wir jedoch in einem Marktumfeld, in dem das Aufwärtspotenzial relativ gering ist – sowohl im DAX als auch in den amerikanischen Märkten. Es erschien daher wenig sinnvoll, weiterhin voll investiert zu bleiben, da die Wahrscheinlichkeit für eine Korrektur erheblich zugenommen hat. Wenn man den Markt in dieser Phase betrachtet, kann man feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Korrektur über 95 % beträgt, während das Potenzial für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends auf weniger als 5 % geschätzt wird. Für einen Investor oder Trader macht es in einer solchen Situation wenig Sinn, mit vollem Einsatz im Markt zu bleiben.

In solchen Phasen ist es ratsam, abzuwarten, bis die Korrekturen abgeschlossen sind, um dann wieder günstigere Einstiegsmöglichkeiten zu nutzen. Hier zeigt sich eine zentrale Herausforderung: den richtigen Zeitpunkt für einen Markteinstieg zu erkennen. Diese Fähigkeit, zwischen einer einfachen Korrektur und einem echten Abwärtstrend zu unterscheiden, ist entscheidend und wird oft übersehen oder falsch eingeschätzt.

Aktuell befinden wir uns noch in einer Korrekturphase. Es war möglich, am Ende dieser Korrektur günstig einzusteigen, doch diese Phase könnte noch zu einer größeren Volatilität führen. Die Volatilität, die bisher relativ niedrig war, ist durch die jüngsten Entwicklungen angestiegen, was für kurzfristige Trader von Vorteil sein kann, für langfristige Investoren jedoch Risiken birgt. Eine erhöhte Volatilität kann dazu führen, dass sich aus einer kleinen Korrektur ein größerer Abwärtstrend entwickelt.

Das habe ich aus meinen Erfahrungen gelernt: Es ist wichtig, Korrekturen zu erkennen und zu verstehen, wann es sich lohnt, am Markt zu bleiben oder eine defensivere Position einzunehmen.

Bild: Markttrends erkennen und kluge Entscheidungen treffen. © Nazila Jafari, Jafari Consulting GmbH

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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