Frankfurt, 20. Sep – Aus Furcht vor einer Rezession aufgrund drastischer Zinserhöhungen ziehen sich Anleger aus den europäischen Aktienmärkten zurück. Dax und EuroStoxx50 fielen am Dienstag um jeweils ein Prozent auf 12.670,83 beziehungsweise 3465,26 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones büßte ebenfalls ein Prozent ein.
Nervös machte Börsianer unter anderem der überraschend große Zinsschritt der schwedischen Notenbank um einen vollen Prozentpunkt. Außerdem habe der Rekordanstieg der deutschen Erzeugerpreise „den Versuch einer guten Stimmung“ wieder abgewürgt, sagte ein Händler. „Ein unfassbarer Preishammer“, kommentierte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch das Plus von 45,8 Prozent. „Das alles verheißt nichts Gutes für die Inflation.“ Die Produzentenpreise gelten als Vorlauf-Indikator für die Teuerung insgesamt.
FED WIRD EBENFALLS ZINSEN ERHÖHEN – MOSKAUER BÖRSE IM MINUS
Gleichzeitig bereiteten sich Investoren auf einen erneuten XXL-Zinsschritt der US-Notenbank am Mittwoch vor; erwartet werden mindestens 0,75 Prozentpunkte. „Die Fed hat keine andere Wahl, als ihre Zinserhöhungen vorerst fortzusetzen“, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. „Sie sind sich dabei der Kosten für die Wirtschaft bewusst.“
Die Zinserhöhungsspekulationen setzten erneut vor allem kürzer laufende Anleihen unter Verkaufsdruck. Dies trieb die Renditen der zweijährigen Titel aus Deutschland und den USAUS2YT auf die höchsten Stände seit elf beziehungsweise 15 Jahren. Da Anleger darauf setzten, dass die Notenbanken die Inflation wieder in den Griff bekämen, stiegen die Renditen länger laufender Papiere im Verhältnis langsamer, erläuterte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank.
Kräftig abwärts ging es auch für die russischen Börsen. Die Moskauer Aktienindizes fielen um jeweils rund neun Prozent. Das war der größte Tagesverlust seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Es herrsche Furcht, dass das Kriegsrecht verhängt und eine Generalmobilmachung angeordnet werde, sagte Analyst Kiril Komarow vom Vermögensverwalter Tinkoff. Bauchschmerzen bereiteten Investoren außerdem die geplanten Referenden in den besetzten ukrainischen Gebieten über einen Beitritt zu Russland sowie das Dekret des russischen Präsident Wladimir Putin zur Steigerung der Verteidigungsausgaben.
RUN AUF PORSCHE-AKTIEN – UNIPER IM AUFWIND
Am deutschen Aktienmarkt legten Titel des Volkswagen-Großaktionärs Porsche gegen den Trend 3,9 Prozent zu. Die Anteilsscheine der VW-Sportwagentochter Porsche waren den begleitenden Banken zufolge bereits Stunden nach Beginn der Angebotsfrist mehrfach überzeichnet. Dies lasse auf ein erfolgreiches Debüt am 29. September hoffen, sagte ein Börsianer. Außerdem könne es andere Börsenkandidaten ermutigen, den Sprung auf das Parkett zu wagen. VW-Aktien konnten ihre Anfangsgewinne allerdings nicht halten und schlossen knapp im Minus.
Ins Rampenlicht rückte erneut Uniper. Der wegen ausbleibender russischer Lieferungen in Schieflage geratene Gas-Importeur steht kurz vor der Verstaatlichung. Die Aktie stieg daraufhin um 3,8 Prozent. Die Papiere des Mutterkonzerns Fortum waren am Nachmittag in Helsinki mit einem Kursplus von 9,5 Prozent vom Handel ausgesetzt worden.
An der Wall Street rutschten die Titel von Ford dagegen um bis zu 10,5 Prozent ab, so stark wie zuletzt vor knapp acht Monaten. Der Autobauer warnte wegen der Inflation vor zusätzlichen Kosten für Zuliefer-Teile von einer Milliarde Dollar. Außerdem kappte der Konzern wegen Lieferketten-Problemen seine Ziele für das laufende Quartal. Eine Milliarde an inflationären Kosten seien besorgniserregend, kommentierten die Analysten der Bank Wells Fargo. Die Lage bei der Teile-Versorgung werde sich dagegen sicher bald entspannen.
Mega-Zinserhöhungen machen Anleger mega-nervös
Quelle: Reuters
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