Freitag, November 15, 2024
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Lohntransparenz: Neue EU-Richtlinie fordert Unternehmen

Auf welche Änderungen sich Unternehmen jetzt einstellen müssen, um den neuen gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, erklärt Goran Barić, Geschäftsführer der PageGroup Deutschland.

Der nächste Schritt hin zu Equal Pay ist beschlossen: Die neue Lohntransparenz-Richtlinie der EU sagt der Lohndiskriminierung den Kampf an und fordert von Unternehmen künftig objektive Kriterien im Bewerbungsprozess. Das erklärte Ziel ist, dem Lohngefälle zwischen den Geschlechtern entgegenzuwirken. Denn die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen betragen EU-weit aktuell weiterhin rund 13 Prozent. Deutschlandweit verdienen Frauen im Schnitt sogar 18 Prozent weniger als Männer – und dieser Wert stagniert seit Jahren. Somit bleibt noch so manches Verbesserungspotenzial am deutschen Arbeitsmarkt.

Kommende Gesetzgebung: Worauf Unternehmen in Deutschland vorbereitet sein sollten.

Bis 2026 wird die neue EU-Richtlinie in geltendes Recht überführt – mit unmittelbaren Folgen für viele deutsche Unternehmen. Die Gesetzesnovelle verlangt transparente Gehaltsstrukturen und zielt darauf ab, Lohndiskrepanzen zu verringern – vor allem zwischen den Geschlechtern. Personalabteilungen müssen sich jetzt die Frage stellen, wie sie dieser Herausforderung begegnen und sich im Wettbewerb um Fachkräfte bestmöglich aufstellen. 

Die Richtlinie der EU geht weiter als das in Deutschland aktuell geltende Entgelttransparenz-Gesetz, das bislang nur begrenzte Wirkung im Kampf gegen die Lohnlücke zeigt. Die neue gesetzliche Regelung fordert von Unternehmen ab einer Größe von 150 Mitarbeitenden eine objektive und faire Basis für Gehaltsverhandlungen zu schaffen und so ungerechtfertigte Unterschiede zu reduzieren. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass ab einer Gehaltsdifferenz von fünf Prozent bei vergleichbarer Arbeit bald Gegenmaßnahmen erforderlich sein werden. Das “bessere Verhandlungsgeschick”, als Begründung für stark abweichende Gehälter bei gleicher Arbeit, ist ebenfalls vom Tisch. Das stellte das Bundesarbeitsgericht in einem prominenten Fall einer Angestellten aus Sachsen bereits Anfang 2023 klar. Für Personalabteilungen gilt es jetzt einen Überblick zu gewinnen, wie die Lohnstruktur im eigenen Haus aufgebaut ist und welche Gehälter am Markt wirklich konkurrenzfähig sind. Für eine genaue Standortbestimmung können unabhängige Gehaltsreports helfen. 

Gehaltstransparenz als strategischer Wettbewerbsvorteil

Das neue Gesetz birgt aber auch Chancen für eine Neuausrichtung in der Bewerberansprache: Unternehmen, die klare Gehaltsspannen und Entwicklungsmöglichkeiten kommunizieren, steigern ihre eigene Attraktivität. Das verbessert folglich die Chancen, dringend benötigte Fachkräfte für sich zu gewinnen. Eine faire und offene Gehaltspolitik ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein entscheidender Vorteil: Denn das Gehalt bleibt das wichtigste Entscheidungskriterium für Bewerbende, das zeigt bereits die diesjährige Talent Trends Studie der PageGroup. Lohntransparenz ist daher ein wesentlicher Faktor, um auf einem zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Ebenso fördert es die Bindung der eigenen Mitarbeitenden. Somit lohnt es sich bereits jetzt die eigene Bewerberansprache zu prüfen und neu auszurichten. 

Praktische Schritte für die Umsetzung der Lohntransparenz

Um die Anforderungen der neuen Richtlinie effizient umzusetzen und zugleich Ressourcen zu schonen, können Unternehmen die folgenden Schritte in Angriff nehmen:

  1. Gehaltsstrukturen auf den Prüfstand stellen: Unternehmen sollten bestehende Gehaltsmodelle kritisch analysieren und objektive Kriterien für Gehaltsunterschiede definieren. Faktoren wie Qualifikation, Erfahrung und Verantwortungsumfang sollten als Basis für eine faire und nachvollziehbare Einstufung dienen.
  2. Transparente Gehaltsangaben in Stellenausschreibungen: Bewerbende erwarten heute mehr Einblicke in Gehaltsstrukturen und Aufstiegsmöglichkeiten. Unternehmen, die klare Gehaltsspannen und Karrierewege bereits in der Ausschreibung aufzeigen, positionieren sich als vertrauenswürdige und attraktive Arbeitgeber.
  3. Regelmäßige Marktanalyse und Anpassung: Mit branchenübergreifenden Gehaltsreports wie dem von Michael Page können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Gehaltsangebote marktfähig sind. So bleiben sie flexibel und reaktionsfähig auf dynamische Arbeitsmarktveränderungen und stärken die eigene Marktposition.

Die Zukunft im Blick: Transparenz als Baustein einer modernen Unternehmenskultur

Die Anforderungen am Arbeitsmarkt verändern sich rasant. Unternehmen, die die Transparenzpflicht als Chance zur Optimierung ihrer internen Gehaltspolitik sehen, profitieren nicht nur von einer besseren Marktpositionierung: Sie tragen auch aktiv zu einer faireren und transparenteren Unternehmenskultur bei. Besonders in Branchen mit Fachkräftemangel, wie dem IT-Sektor oder Ingenieurwesen, sind attraktive und nachvollziehbare Gehaltsmodelle ein klarer Vorteil, um die Talente und Professionals anzuziehen.

Die EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz ist mehr als eine bürokratische Anforderung – sie bietet Unternehmen die Chance, ihre Unternehmenskultur zu stärken und sich langfristig als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Wer auf klare Gehaltsstrukturen setzt, fördert auch das Vertrauen und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden nachhaltig. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Weichen zu stellen und Transparenz zu einem zentralen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu machen.

Autorenprofil: Goran Barić  

Goran Barić ist seit 2004 für die PageGroup tätig, seit 2012 als Geschäftsführer der PageGroup Deutschland und seit 2023 zusätzlich als Regional Managing Director für Nord- und Zentraleuropa. Der branchenübergreifende Gehaltsreport von Michael Page wird jährlich veröffentlicht.  

Titelfoto: Goran Barić, Geschäftsführer der PageGroup Deutschland

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