München, 18. Feb (Reuters) – Lettland sieht kein Einlenken Russlands in der Ukraine-Krise. „Wir sollten wirklich vorsichtig sein“, sagte Außenminister Edgars Rinkevics am Freitag in München Reuters-TV. Es gebe keine Beweise für einen russischen Truppenabzug von der Grenze zur Ukraine. Die Verhandlungen mit der Regierung in Moskau müssten aber unbedingt fortgesetzt werden.
„Solange sie weitergehen, ist es sehr schwierig für Russland, in die Ukraine einzumarschieren oder zu provozieren.“ Man müsse mit drei Szenarien rechnen: Einer vollständigen Invasion, einem hybriden Krieg oder Drohungen Russlands, um die Ukraine zu provozieren. Im letzteren Fall würde Russland dann in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten der Ukraine einmarschieren und deren Unabhängigkeit erklären.
Rinkevics verweis auf die Haltung des Westens: „Das Problem ist: Wir sind uns einig, was zu tun ist, wenn es zu einer vollen Invasion kommt.“ Aber sollte Russlands Präsident Wladimir Putin eine andere Form der Aggression wählen, werde es einige Zeit dauern, bis sich die USA, Kanada, Großbritannien und die EU auf Sanktionen einigen könnten. Falls Putin die Separatistengebiete als unabhängig anerkennen sollte, müsse es auf jeden Fall Sanktionen geben.
Der Außenminister widersprach Sorgen, dass die baltischen Staaten das nächste Ziel Russlands sein könnten. „Ich vertraue wirklich den Nato-Alliierten. Falls die Nato nicht einmal die eigenen Mitglieder verteidigen würde, würde das ganze westliche Sicherheitssystem gefährdet.
Er forderte die permanente Stationierung von Nato-Einheiten in Osteuropa und auch den baltischen Staaten, sollte Russland in die Ukraine einfallen. Denn dann sei Russland selbst von der Nato-Russland-Grundakte von 1997 abgerückt. Diese sieht unter anderem vor, dass die Nato keine dauerhaften Stützpunkte in Osteuropa einrichten darf.
Rinkevics kritisierte die Debatte über eine dauerhafte Neutralität der Ukraine. „Es ist wichtig, dass wir erklären, dass die Nato für Neuaufnahmen offen bleibt.“ Dies sei auch wichtig für die neutralen Länder Finnland und Schweden. Bis 2014 sei die ukrainische Regierung überhaupt nicht auf Nato-Kurs gewesen. Erst die russische Annexion der Krim habe dies geändert. „Falls wir den Ukrainern jetzt sagten, sie sollten neutral leben, würden wir unsere Prinzipien verletzen.“
Rinkevics verteidigte Deutschland gegen Kritik, kein zuverlässiger Partner zu sein. Die deutsche Russland-Politik habe sich seit 2014 deutlich geändert. Es gebe starke historische und politische Gründe, dass Deutschland der Ukraine keine Waffen liefern wolle. Aber man müsse auch das starke deutsche Engagement in der Nato und etwa in Litauen sehen. Die ultimative Frage sei aber, ob Deutschland in der europäischen Sicherheitspolitik Führung zeigen wolle.
Lettland ruft zur Vorsicht auf – Keine Beweise für russischen Truppenabzug
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