Berlin, 15. Feb (Reuters) – Am Dienstag hat im Saarland die Briefwahl für die Landtagswahl am 27. März begonnen. Damit ist der Startschuss für einen neuen Wahlmarathon mit gleich vier Landtagswahlen 2022 gegeben, der auch über die Handlungsfähigkeit der Ampel-Koalition im Bund entscheiden wird. SPD, Grüne und FDP im Bund hoffen, die drei CDU-Ministerpräsidenten im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bei den Wahlen aus dem Amt kippen zu können.
Denn damit würden sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat verändern. In der Länderkammer haben CDU und CSU mit ihren Ministerpräsidenten und Regierungsbeteiligungen derzeit ein wichtiges Wort mitzureden und können Ampel-Pläne blockieren. Unions-geführte oder -mitregierte Länder verfügen über 51 von insgesamt 69 Stimmen. „Von den Wahlen wird also abhängen, ob und wie einfach wir wichtige Gesetzesvorhaben umsetzen können“, heißt es in Regierungskreisen zur Bedeutung der Wahlen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vergangenen Freitag vom Bundesrat gefordert, der Ampel bei zentralen Vorhaben wie der Planungsbeschleunigung und der Umsetzung der Energiewende keine Steine in den Weg zu legen. Die Abstimmung in der Länderkammer sei kompliziert genug: „Heute existieren in den 16 Ländern 15 verschiedene Koalitionsvarianten. Und in acht Bundesländern regieren mittlerweile Dreierkoalitionen“, sagte der SPD-Politiker. Das macht die Suche nach Mehrheiten schwierig.
Zwar hatten Umfragen nach der Bundestagswahl tatsächlich die SPD auch in den Ländern vorne gesehen. „Aber die Euphorie der Ampel-Parteien ist längst verflogen“, sagt der Chef des Meinungsforschungs-Instituts Forsa, Manfred Güllner, zu Reuters. Denn nicht nur im Bund gehen die Umfragewerte für die Ampel nach unten. In den Ländern hat sich der Trend teilweise sogar umgekehrt. Das weckt Erinnerungen an das Jahr 2017, als die Union überraschend erst im Saarland, dann in Schleswig-Holstein Siege einfuhr – um danach Nordrhein-Westfalen und schließlich die Bundestagswahl zu gewinnen.
ENTSCHEIDENDE ABSTIMMUNG IN NORDRHEIN-WESTFAHLEN
Den Auftakt des Wahlreigens macht am 27. März das Saarland, das von einer großen Koalition unter Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) regiert wird. Wegen seiner geringen Zahl an Wählern kann das Land nach Meinung des Forsa-Chefs nur dann Trendsetter sein, wenn Hans wirklich abgewählt würde. Die SPD hat ihren Vorsprung in Umfragen halten können: Ende November lag sie erstmals vor der CDU, eine Umfrage Ende Januar bestätigte dies.
Vizeministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) macht sich deshalb Hoffnungen, Amtsinhaber Hans ablösen zu können. Dieser ist laut Umfragen auch persönlich weniger beliebt als seine Stellvertreterin. Traditionell dominieren im Saarland die beiden großen Parteien, zumal der Grünen-Landesverband nach jahrelangen internen Querelen als schwach gilt.
In Schleswig-Holstein, wo am 8. Mai gewählt wird, hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) dagegen das Stimmungsruder offenbar herumgerissen: Laut Umfragen hat die CDU den Rückstand auf die oppositionelle SPD wieder wettmachen können. Zudem genießt Regierungschef Günther hohes Ansehen, so dass er bei der Wahl laut Forsa-Chef mit einem „Amtsinhaberbonus“ rechnen kann, zumal SPD-Herausforderer Thomas Losse-Müller nicht sehr bekannt ist. Grüne und FDP können sich Hoffnungen auf ein zweistelliges Ergebnis machen, gelten wegen der geräuschlosen Arbeit der derzeitigen Jamaika-Koalition aber nicht unbedingt als wechselwillig.
Als entscheidende Abstimmung gilt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai. Nach einem klaren Vorsprung der oppositionellen SPD in Umfragen im Oktober ist dort das Bild gekippt. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag mehrerer Zeitungen sieht nun die CDU wieder vorne.
Die Wahl gilt dennoch als offen, weil mit Ministerpräsident Hendrik Wüst für die CDU ein neuer Kandidat antritt, nachdem er Armin Laschet abgelöst hat. „Aber Wüst hat den Vorteil, dass er durch seinen derzeitigen Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz etwa bei den Corona-Chefrunden neben Kanzler Olaf Scholz auftreten und damit seine Bekanntheitswerte verbessern kann“, sagt der Forsa-Chef. Sein SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty ist dagegen nicht breit bekannt. Wüsts Koalitionspartner FDP hat zudem angekündigt, dass er wenig Ambitionen habe, mit der SPD zu koalieren.
Weniger Aufmerksamkeit genießt derzeit die Landtagswahl in Niedersachsen. Das liegt nicht nur daran, dass diese erst am 9. Oktober stattfindet. Mit Stephan Weil regiert dort auch ein SPD-Ministerpräsident, der in Umfragen weit vor der Union liegt. Derzeit wird höchstens erwartet, dass Weil die mitregierende CDU etwa durch Grüne oder Liberale ersetzt.
Leichter Regieren mit neuem Bundesrat? – Ampel hofft auf Landtagswahlen
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