Freitag, November 15, 2024
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Warum deine Lebensgeschichte eine wertvolle Inspiration für andere ist

„Ich bin dann mal weg“, nannte Hape Kerkeling die Erinnerungen an seine Wanderung auf dem Jakobsweg und hat damit Millionen von Menschen inspiriert.
Michelle Obama hat ihre Geschichte in ihrem Buch „Becoming“ erzählt. Sie schreibt über ihre Wurzeln und darüber, wie sie zu einer selbstbewussten und einflussreichen Frau wurde. Vielleicht denkst du jetzt: Das sind berühmte Menschen. Natürlich haben die etwas zu sagen. Aber ich? Was soll an mir schon besonders sein?
Meine Antwort ist klar: Alles ist an dir besonders. Niemand ist wie du. Du bist einzigartig. Du hast so viel zu geben.

Echt sein

Auch das Leben von Anna Wimschneider schien nichts Besonderes zu sein. Die niederbayerische Bäuerin schrieb ihre Geschichte ungeschminkt auf und das 1984 erschiene Buch wurde zu einem der erfolgreichsten autobiografischen Texte in Deutschland. Es wurde mehrfach aufgelegt und verfilmt. Woran das lag? Meiner Meinung nach vor allem an der Authentizität. Anna Wimschneider erzählt von den Höhen und Tiefen ihres Lebens, von ihrer Familie, harter Arbeit, Leid und eher seltenen Lichtblicken. Wie das Leben damals so spielte – und auch heute oft noch spielt.

Viele Menschen lesen gerne Geschichten über bekannte Persönlichkeiten. Dadurch fühlen sie sich ihnen näher. Noch näher fühle ich mich aber Menschen „wie du und ich“, die offen über ihre Erlebnisse und Erfahrungen berichten. Die sich zeigen, wie sie sind, mit ihren Stärken und Schwächen. Die ihre Erkenntnisse teilen und so meinen Blickwinkel weiten können. Aha, denke ich dann oft, so kann man das auch sehen. Spannend. Oder: Genauso empfinde ich das auch. Schön, dass ich eine Gleichgesinnte gefunden habe.

Was unter der Oberfläche liegt

Manchmal muss man genauer hinschauen. Aber man findet immer das Besondere, das in jedem Menschenleben steckt. Jemand lebt sein ganzes Leben an einem Ort, ist seit dreißig Jahren mit derselben Person verheiratet, übt über diese Zeit denselben Beruf aus. Ist das langweilig? Nein.
Spannend ist zum Beispiel: Ist dieser Mensch dabei glücklich? Ja? Wie macht er das? Was ist sein Geheimnis für eine gelingende Beziehung? Wie ist er seinem Heimatort verbunden? Welche tragfähigen Verbindungen sind privat und im Beruf gewachsen?

Das kann viele Leute inspirieren. Besonders in unserer schnelllebigen Zeit. Oder ist dieser Mensch unglücklich? Genauso spannend. Aus welchem Grund hält er an der Beziehung fest? Liegen dahinter Verletzungen und Fesseln? Engt ihn der Heimatort ein und lässt ihn verzweifeln? Das ist der Stoff, aus dem Krimis und Tragödien gemacht sind.

Bist du weit gereist, bist in andere Kulturen eingetaucht und hast von ihnen gelernt? Bist du beruflich erfolgreich und kennst Strategien, die auch andere voranbringen können? Und bist du ein Familienmensch, dem das Wohl seiner Lieben über alles geht?

Über all diese Erfahrungen und Lebensfragen zu schreiben, kann die Augen öffnen und dem Leben eine andere Richtung geben. Dem eigenen Leben und dem Leben anderer.

Für Familie, Freunde, Öffentlichkeit?

Du kannst deine Geschichte für die Öffentlichkeit aufschreiben. Aber Lebensgeschichten können auch ein „Familiengedächtnis“ für einen vertrauten Kreis sein, in dem die eigenen Erinnerungen und weiter zurückliegende Familienerinnerungen aufbewahrt werden. Man kann sie an zukünftige Generationen weitergeben. Sie können dazu beitragen, dass die Kinder oder Enkelkinder ihre Eltern oder Großeltern besser verstehen – und andersrum. Das Erinnern und das Aufschreiben helfen auch, sich selbst besser zu verstehen, mit sich oder anderen ins Reine zu kommen. Und Geschichten aus dem Leben können Gesprächsanlässe zwischen den Generationen sein: „Hast du tatsächlich halbnackt und bekifft beim Woodstock-Festival getanzt, Mama?“ „Wie war das, Opa, als du kurz vor dem Mauerbau in den Westen flüchten wolltest und geschnappt wurdest?“ „Wie fühlst du dich, Leoni, wenn dich jemand in den Sozialen Medien beschimpft?“ In jedem Leben warten kleine und große Geschichten darauf, aufgeschrieben und erzählt zu werden.

Lebensbeschreibung

Der Begriff der Biografie setzt sich aus den griechischen Wörtern „bios“, also „Leben“, und „gráphein“, also „schreiben“, zusammen. Biografie bedeutet also: Lebensbeschreibung. Eine Autobiografie ist eine Lebensbeschreibung, die jemand über sich selbst verfasst hat.

Die Biografie beschreibt das Leben aus der subjektiven Sicht eines Menschen. Dazu gehören beispielsweise seine Erfahrungen und Erkenntnisse, seine Lebensweise, sein familiärer, kultureller, sozialer und gesellschaftlicher Hintergrund. Die Biografie ist also unsere „Innensicht“, die mit dem geschichtlichen Kontext verknüpft ist. Wir alle sind „Kinder unserer Zeit“. In meiner Kindheit hatte noch lange nicht jeder Haushalt ein Telefon – und wenn, dann mit Wählscheibe und Kabel. Heute haben schon Kinder Smartphones und können sich in Sekundenschnelle mit der ganzen Welt verbinden.

In unserer subjektiven Lebensbeschreibung sind wir echte Zeitzeugen. Wir deuten geschichtliche Ereignisse aus unserer Perspektive und bewahren ein Stück Alltagsgeschichte auf. Wir stellen dar, was wir gelernt haben, transportieren unsere Werte, zeigen unsere Persönlichkeit und setzen Zeichen für eine Welt, wie wir sie uns vorstellen.

Autor:

Beate Fischer ist Expertin für maßgeschneiderte Texte und Freude am Schreiben. Sie unterstützt und begleitet Menschen als Biografin und Trainerin für Biografiearbeit, Texterin und Autorin, freie Lektorin und Journalistin, Schreibcoach und Schreibpädagogin – und als Mensch.

Fotografin: Denise Claus

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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