Frankfurt, 15. Dez – EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat Insidern zufolge auf dem jüngsten Zinstreffen der Europäischen Zentralbank (EZB) einen schwierigen Kompromiss miteingefädelt, um eine Mehrheit für den schließlich verabschiedeten Zinsbeschluss zu sichern. Die EZB drosselte am Donnerstag das Tempo ihrer Zinserhöhungen etwas, stellte zugleich aber weitere Straffungsschritte in Aussicht. Zudem kündigten die Währungshüter an, im Kampf gegen die hohe Inflation ab dem März 2023 auch ihre billionenschwere Bilanz zu verringern.
Dies sei das Ergebnis eines schwierigen Kompromisses gewesen, sagten vier Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Der Beschlussvorschlag von EZB-Chefökonom Philip Lane, die Zinssätze am Donnerstag um einen halben Prozentpunkt anzuheben, sei zuvor auf erheblichen Widerstand seitens mancher Euro-Wächter gestoßen. Diese seien stattdessen für eine kräftigere Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte eingetreten. Als Lagarde angeboten habe, auf der Pressekonferenz weitere Zinsanhebungen um 50 Basispunkte zu signalisieren sowie starke Aussagen zur Inflation zu treffen, sei der Vorschlag dann aber von genügend Währungshütern gestützt worden.
Zwei der Insider sagten, dass dies sogar drei aufeinanderfolgende Zinsanhebungen um 0,50 Prozentpunkte bedeuten könnte, sollten sich die Inflationsaussichten nicht verbessern. Eine explizite Festlegung auf einen solchen Kurs gebe es aber nicht. Mit diesem Kompromiss habe Lagarde schließlich eine Mehrheit für den Beschluss gesichert. Acht bis zehn Euro-Wächter des 25-köpfigen EZB-Rats – ein ungewöhnlich hoher Anteil – sei aber skeptisch geblieben. Etwa ein halbes Dutzend der Abweichler sei auch nach dem Kompromiss dabei geblieben. Andere hätten dagegen schließlich gesagt, mit einem Zinsschritt von 50 Basispunkten am Donnerstag leben zu können, solange Lagarde dies auf ihrer Pressekonferenz mit einer starken Botschaft in Richtung Straffungskurs verbinde. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.
Lagarde hatte auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss gesagt, sie rechne auf der Basis aktueller Daten mit einer weiteren Zinsanhebung um 50 Basispunkte auf der nächsten EZB-Zinssitzung, möglicherweise zudem auf dem darauffolgenden Treffen und möglicherweise auch danach. Die Debatte über eine Verringerung der billionenschweren Anleihenbestände habe sich dagegen als einfacher erwiesen, hieß es weiter. Die Währungshüter hätten darüber debattiert, die Bestände um 15 oder um 20 Milliarden Euro pro Monat zu verringern und dies entweder ab März oder ab April 2023. Schließlich habe sich in beiden Punkten die jeweils erste Variante durchgesetzt.
Lagarde fädelte auf Zinssitzung schwierigen Kompromiss ein
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von günter auf Pixabay
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