Washington/Berlin, 13. Okt – Die Inflationswelle in den USA ebbt kaum ab und macht eine erneut kräftige Zinserhöhung der Notenbank Fed wahrscheinlicher. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen (CPI) fiel im September nur auf 8,2 von 8,3 Prozent im August, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten indes mit einem etwas stärkeren Rückgang auf 8,1 Prozent gerechnet. Immerhin ließ der Preisdruck nunmehr zum dritten Mal in Folge nach. Dennoch liegt die Inflationsrate immer noch vier Mal so hoch wie von der US-Notenbank angestrebt.
Anleger an der Wall Street reagierten enttäuscht auf die Daten: In Erwartung eines anhaltend strammen Zinserhöhungstempos der Fed zogen sich Investoren aus dem US-Aktienmarkt zurück. Eine behutsamere Gangart der Notenbank, auf die viele Marktteilnehmer insgeheim hofften, ist nicht in Sicht. Nach den Inflationszahlen sei endgültig klar, dass die Fed ihren Leitzins Anfang November ein viertes Mal um 0,75 Prozentpunkte anheben werde, sagt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners voraus: „Alle Chancen auf einen geringeren Zinsschritt sind heute erloschen.“ Unter Anlegern geht die Furcht um, dass die Fed mit einem zu aggressiven Kurs die Wirtschaft abwürgen könnte.
„ERNEUTE HORRORSHOW“
„Für die US-Notenbank ist das keine gute Nachricht“, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG zu den neuen Daten. „Um die Kontrolle über den Inflationsprozess zurückzugewinnen, muss sie weiterhin die Brechstange ansetzen.“ Bei der Zentralbank in Washington dürfte zudem Alarm auslösen, dass die sogenannte Kerninflationsrate – bei der Lebensmittel- und Energiepreise wegfallen – von 6,3 auf 6,6 Prozent anstieg. NordLB-Ökonom Bernd Krampen verweist darauf, dass dies einem neuerlichen 40-Jahreshoch entspricht: „Die erneute CPI-Horrorshow macht eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte zur beschlossenen Sache“, so auch sein Fazit.
Auch andere Experten zeigten sich von der hartnäckig hohen Inflation überrascht. „Die Luft entweicht nur langsam aus dem Inflationsballon“, kommentierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, die Entwicklung. Besonders die Mieten legten weiter zu. In den kommenden Monaten aber sollte der Preisdruck insgesamt merklich nachlassen, da die Unternehmen auf hohen Lagerbeständen säßen. „Der Abverkauf ist hingegen schwach – auch der US-Konsument muss in Anbetracht gestiegener Lebenshaltungskosten sparen“, sagte Gitzel. „Dies spricht für fallende Güterpreise.“ Auf der anderen Seite ist der Arbeitsmarkt in den USA so gut wie leergefegt. „Durch die Knappheit an Arbeitskräften müssen höhere Löhne gezahlt werden, was die Inflation temporär anheizt“, sagte der Chefvolkswirt von Union Investment, Jörg Zeuner.
WEITERE ZINSERHÖHUNGEN „PRAKTISCH SICHER“
Die Federal Reserve treibt den Leitzins seit Monaten in Riesenschritten nach oben, um die Inflation zu drücken. Im September erhöhte sie den Leitzins bereits zum dritten Mal in Folge ungewöhnlich kräftig um einen Dreiviertel-Prozentpunkt. Er liegt damit aktuell in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent. Wie aus den Protokollen der jüngsten Sitzung hervorgeht, sind sich die Währungshüter einig, dass sie den Leitzins auf ein Niveau heben müssen, das restriktiver ist – also die Wirtschaft stärker zügelt. „Weitere deutliche Zinsanhebungen sind damit praktisch sicher“, so die Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Den „Zinsgipfel“ erwarten sie bei 5 Prozent. In den Projektionen der US-Währungshüter wird für Ende 2023 lediglich ein Niveau von 4,50 bis 4,75 Prozent angepeilt.
Kaum Entspannung an US-Inflationsfront – Neue Zins-Salve der Fed naht
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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