UPDATE Frankfurt, 01. Dez – Notfallmediziner schlagen bei der Behandlung von Kindern Alarm. Die massive Infektwelle bei Kindern und der anhaltende Personalmangel bringen die Kinderintensivmedizin in Deutschland nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) am Donnerstag ans Limit. Laut einer aktuellen Klinikumfrage der Divi ist durchschnittlich kein Intensivbett mehr für kritisch kranke Kinder frei. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeigte sich „sehr besorgt“ über die Situation und verwies auf erste Schritte zu Abhilfe.
Auf den pädiatrischen Kinderintensivstationen gebe es rechnerisch nur noch 0,75 freie Betten pro Klinik, also weniger als eines pro Standort, teilte Divi mit. Von 110 befragten Kinderkliniken hätten zuletzt 43 Einrichtungen zudem kein freies Bett mehr auf der Normalstation gehabt. Jede zweite Klinik habe in den letzten 24 Stunden mindestens ein Kind nach der Anfrage durch den Rettungsdienst oder die Notaufnahme für die Kinderintensivmedizin ablehnen müssen. Zuständig für die Krankenhäuser sind die 16 Bundesländer und die Kommunen.
In den Kinderkliniken zeigt sich nun Personalmangel, den es auch in anderen Bereichen des Gesundheits- und Pflegesystems gibt. „Das ist eine katastrophale Situation“, sagte Divi-Generalsekretär und Kinder-Intensivmediziner Florian Hoffmann auf dem Divi-Kongress in Hamburg. Immer mehr Kinder müssten zum Teil über weite Strecken transportiert werden. In den befragten 110 Kliniken könnten von insgesamt 607 aufstellbaren Betten nur 367 betrieben werden. „Wir haben einen kritischen Pflegemangel, der zu einer dramatischen Reduktion der betreibbaren Betten führt.“ „Wir werden dafür sorgen, Personal aus den regulären erwachsenen Stationen in Kinderstationen zu verlegen“, sagte Lauterbach.
Aber auch die massive Krankheitswelle durch Atemwegsinfektionen belastet die Kliniken. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ist die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen in Deutschland zuletzt deutlich gestiegen. Vor allem eine Ansteckung mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) brachte zuletzt immer mehr kleine Patienten in die Krankenhäuser. „Wir sind noch nicht am Ende der Welle“, sagte der Bundesgesundheitsminister. Am Freitag soll der Bundestag einem Gesetz zustimmen, dass den Kinderkliniken den Etat aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 garantieren und somit verhindern soll, dass Betten abgebaut werden.
Betroffene sind von der Kranheitswelle auch die Kinderarztpraxen. Das Gesundheitsministerium verlängerte deshalb die Möglichkeit einer telefonischen Krankschreibung. Eltern haben damit die Möglichkeit, bei Erkrankung ihres Kindes zu Hause zu bleiben und behalten trotzdem den Anspruch auf Krankengeld. Lauterbach appellierte zudem an Eltern, Vorsorgeuntersuchungen der Kinder für einige Wochen zu schieben, falls dies vertretbar ist.
„Katastrophale Situation“ – Kaum noch freie Kinder-Intensivbetten
Quelle: Reuters
Titelbild: Bild von Tung Nguyen auf Pixabay
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