Bagdad, 09. Feb (Reuters) – Vergangene Woche sprengte sich der IS-Anführer Abu Ibrahim al-Kuraischi bei einem US-Militäreinsatz in Syrien in die Luft. Seitdem hat die Extremisten-Miliz offiziell keinen Nachfolger bestimmt. Experten sind sich jedoch ziemlich sicher, dass der nächste Chef des sogenannten Islamischen Staates (IS) aus dem Kreise kampfgestählter irakischer Dschihadisten kommen dürfte. Nach ihrer Einschätzung wird es voraussichtlich jemand sein, der einen stärkeren militärischen Hintergrund hat als Kuraischi, der von seinen Anhängern eher als islamischer Rechtsgelehrter wahrgenommen worden sei.
Mindestens vier potenzielle Kandidaten kommen infrage, sagt Fadhil Abu Rghif, ein Berater der irakischen Sicherheitskräfte: Zum einen Abu Chadidscha, der nach allem, was man wisse, zuletzt die Rolle des IS-Anführers im Irak innegehabt habe. Ebenfalls denkbar wären Abu Muslim, seines Zeichens IS-Anführer in der Provinz Anbar, sowie Abu Salih, über den nur wenig bekannt sei, der aber Kuraischi ebenso wie dessen 2019 getöteten Vorgänger Abu Bakr al-Baghdadi nahegestanden habe.
Und dann wäre da noch Abu Jassir al-Issawi. Sowohl die irakischen Sicherheitskräfte als auch die von den USA angeführte Militärallianz zur Bekämpfung des IS im Irak und in Syrien hatten seinen Tod bei einem Luftangriff im Januar 2021 vermeldet. Doch es hält sich hartnäckig der Verdacht, der erfahrene Kämpfer könnte noch am Leben sein, wie ein irakischer Sicherheitsbeamter bestätigt. „Wenn er nicht tot ist, wäre er ein Kandidat. Er hat sich durch die Planung militärischer Angriffe bewährt und er hat Tausende Unterstützer.“
Anders als Baghdadi und Kuraischi, die Mitte der Nuller-Jahre Zeit in US-Gewahrsam verbrachten, wurde von den vier genannten möglichen Nachfolgern bisher keiner jemals von US-Truppen gefangengenommen, wie die Nachrichtenagentur Reuters von einem Sicherheitsbeamten und einem Oberst der Armee erfuhr. Experte Abu Rghif schließt nicht aus, dass der IS unter neuer Führung eine härterer Vorgehensweise einschlagen könnte. „Angriffe und Operationen werden je nach Stil des neuen Anführers einen anderen Charakter haben. Der Neue könnte an große und intensive Angriffe glauben, Bomben oder Selbstmordattentäter.“
Bis Kuraischis Nachfolger verkündet wird, dürften nach Einschätzung eines irakischen Sicherheitsbeamten jedoch noch einige Wochen vergehen. Denn aktuell sei die Miliz vermutlich noch damit beschäftigt, potenzielle Sicherheitslecks auszumachen, die zum Tod Kuraischis geführt haben dürften. Aaron Zelin vom Washington Institute, einer auf den Nahen Osten spezialisierten Denkfabrik, betont gleichwohl, wie wichtig es für die IS-Mitglieder ist, nicht führungslos zu sein: „Immer wenn ein Anführer der Gruppe getötet wird, gilt ihr Schwur dem (nächsten) Anführer, dem Individuum selbst, und nicht der Gruppe.“
Kampferprobter Iraker dürfte nächster IS-Anführer werden
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