London, 25. Mai (Reuters) – Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich in der „Partygate“-Affäre verantwortlich für Verstöße gegen Corona-Vorschriften an seinem Amtssitz gezeigt, tritt aber nicht zurück. „Ich übernehme die volle Verantwortung für alles, was unter meiner Aufsicht stattgefunden hat“, sagte Johnson am Mittwoch vor dem Parlament.
Er sei entsetzt über einige der Verhaltensweisen, die in einem Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray beschrieben worden seien. „Ich bin beschämt und habe meine Lektion gelernt“, sagte er unter lauten Spottrufen von der Oppositionsbank aus.
In dem Abschlussbericht von Gray wird Johnson selbst nicht direkt für die Regelverstöße verantwortlich gemacht. Es ist aber von Führungsversagen an seinem Amtssitz die Rede. „Viele dieser Veranstaltungen hätten nicht erlaubt werden dürfen“, hieß es. „Die politische und administrative Führung muss für diese Kultur die Verantwortung übernehmen.“ In Downing Street waren während des Corona-Lockdowns wiederholt Partys gefeiert worden.
Gray trug für ihren Abschlussbericht E-Mails und WhatsApp-Nachrichten zusammen, aus denen hervorgeht, dass viele der Partys im Vorfeld geplant wurden, einschließlich Absprachen darüber, wer den Alkohol mitbringt. Bei einer Party im Juni 2020 sei es zu übermäßigem Alkoholkonsum gekommen, hieß es in dem Bericht. Eine Person sei dabei krank geworden, zwei weitere hätten sich heftig gestritten. Bei einer anderen Party in der Nacht vor der Beerdigung von Prinz Philip, des Ehemanns von Queen Elizabeth, im April 2021 sei bis in die Morgenstunden gefeiert worden, eine Kinderschaukel sei dabei beschädigt worden. Auf zahlreichen Fotos sind die Partys dokumentiert, auch Johnson ist mehrfach abgebildet.
Die Feiern fanden während des Corona-Lockdowns statt, als strenge Kontaktbeschränkungen galten und etwa Angehörige nicht an Beerdigungen teilnehmen durften. Im Vorfeld war erwartet worden, dass Johnson bei einem sehr kritischen Gray-Bericht möglicherweise seinen Hut nehmen muss. Vergangene Woche hatte die Polizei die Ergebnisse von Ermittlungen vorgelegt, die zu 126 Geldbußen führten. Auch Johnson musste Strafe wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Regeln zahlen.
KRITIK VON KONSERVATIVEN ABGEORDNETEN
Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei rief Johnson zum Rücktritt auf. Der Bericht lege „den Moder, der sich unter diesem Premierminister ausgebreitet hat“, offen, sagte er, „einer Regierung, die glaubt, dass für sie andere Regeln gelten als für die Allgemeinheit.“ Viele konservative Abgeordnete hatten sich zuletzt zunehmend empört und enttäuscht darüber gezeigt, dass sie ihren Premierminister verteidigen müssen.
Johnson hatte ursprünglich bestritten, dass es Partys oder sonstige Regelverstöße an seinem Amtssitz gegeben habe. Er wolle diese Aussage korrigieren, sagte Johnson. Minister betonten, dass er das Parlament nicht getäuscht habe. Aber ein konservativer Abgeordneter sagte, Details aus dem Bericht ließen durchaus auf Irreführung schließen. „Die Frage bleibt: Hat der Premierminister bewusst das Parlament getäuscht“, sagte ein zweiter Abgeordneter. „Wenn man den Bericht und seine Schlüsse liest, ist es sehr schwierig, das in Abrede zu stellen.“
Johnson – Übernehme in „Partygate“ Verantwortung – „Bin beschämt“
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