Berlin, 18. Jan – Auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) wird es diesmal nicht zu einem Schlagabtausch mit Vertretern der russischen Regierung kommen. MSC-Chef Christoph Heusgen erklärte am Mittwoch im Interview mit Reuters-TV, dass er die russische Regierung nicht eingeladen habe. „Wir wollen die Münchner Sicherheitskonferenz nicht als Bühne Denjenigen bieten, die das internationale Recht mit Füßen getreten haben“, sagte er zur Begründung. Russland habe nach seinem Angriff auf die Ukraine vor fast einem Jahr alle Vermittlungsversuche abgelehnt und beharre nach wie vor auf Maximalpositionen. Man werde aber Vertreter der russischen Zivilgesellschaft einladen.
Erwartet werden bei der größten außen- und sicherheitspolitischen Veranstaltung in Deutschland vom 17. bis 19. Februar unter anderem Dutzende Regierungschefs, Präsidenten sowie Außen- und Verteidigungsminister aus aller Welt.
Heusgen verwies darauf, dass man angesichts des Jahrestages des russischen Angriffs in die Ukraine am 24. Februar diesmal nicht nach Differenzen, sondern nach dem Verbindenden suchen werde. Man wolle deshalb auch wegkommen von einer Konferenz, auf der vor allem Europäer und Amerikaner miteinander berieten. Ausdrücklich würden diesmal mehr Vertreter des globalen Südens eingeladen. Es gehe angesichts des russischen „Zivilisationsbruchs“ darum, sich mit Denjenigen abzustimmen, die eine regelbasierte Ordnung und die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte hochhielten. Auch Kanzler Olaf Scholz hatte gemahnt, dass man angesichts des russischen Angriffs die Verständigung mit wichtigen Schwellenländern verstärken müsse – zumal sich die Welt nicht in eine bipolare Ordnung um die USA und China entwickele, sondern in eine multipolare Welt mit vielen starken Zentren.
„Wir müssen unser Verhältnis zu dem globalen Süden ändern, wir müssen uns sehr viel intensiver darum kümmern“, sagte Heusgen. Im Mittelpunkt müssten dabei Länder stehen, in denen es eine gute Regierungsführung gebe und den Ansatz dafür, eine Partnerschaft auszubauen.
Er rechne damit, dass China hochkarätig in München vertreten sein werde. Es habe auch aktive Anfragen aus Peking gegeben. China befinde sich in einer anderen Situation als Russland. Das Land wolle Weltmacht Nummer eins werden. „Das wird man nicht, wenn man die internationale Weltgemeinschaft ständig konfrontiert.“ Man dürfe sich aber auch keine Illusionen machen. „China wird sich nicht substanziell von Russland abwenden“, betonte Heusgen. China profitiere von der Situation durch den Ukraine-Krieg und der Isolation Russlands. Er glaube, dass Russland langfristig gesehen die „Tankstelle Chinas“ werde, sagte er in Anspielung auf russische Gas- und Öllieferungen.
Er erwarte durchaus Diskussionen unter den Europäern, sagte Heusgen auf die Frage nach möglichen Differenzen zwischen Osteuropäern und etwa Deutschland in der Ukraine-Frage. Aber er hoffe, dass man angesichts der Lage das Verbindende sehr viel stärker betonen werde.
Heusgen pochte in diesem Zusammenhang erneut auf die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine und forderte die Bundesregierung in dieser Frage zur Führung auf. Die US-Regierung habe klargemacht, dass sie froh wäre, wenn Deutschland mehr machen würde. „Da können wir uns jetzt nicht hinter den Amerikaner verstecken, sondern da ist Führung gefragt.“ Die Leopard-Panzer seien wichtig, damit die Ukrainer besetzten Gelände zurückerobern könnten.
Die Gefahr einer atomaren Eskalation sieht Heusgen nicht. „Ich halte das für ausgeschlossen.“ Russland würde sich beim Einsatz von Atombomben völlig isolieren, weil auch China dann seine schützende Hand entziehen würde. Die USA hätten ihrerseits vor einer katastrophalen Auswirkung gewarnt.
Interview: Sicherheitskonferenz will Russland keine Bühne bieten
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Tom auf Pixabay
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