Berlin, 20. Feb – Bundesfinanzminister Christian Lindner hält die Forderungen seiner Ampel-Partner in den Haushaltsverhandlungen für völlig überzogen. Es sei zwar üblich, dass andere Ressorts ihre Wünsche anmeldeten. „Jetzt in diesem Jahr haben die Wünsche aber gar keinen Bezug mehr zu den wirtschaftlichen Grundlagen“, sagte der FDP-Vorsitzende am Montag in einem TV-Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Lindner bestätigte, dass sich die geforderten Mehrausgaben gegenüber früheren Planungen auf rund 70 Milliarden Euro summierten.
„Ungefähr, man kann es nicht ganz exakt sagen. Für die Jahre 2025 fortfolgende kommen wir schnell auch in den Bereich von 100 Milliarden mehr pro Jahr. Es hat jedenfalls nichts mit der Realität zu tun.“ Dies wäre nicht einmal mit Steuererhöhungen finanzierbar, die Lindner – anders als seine Ampel-Partner SPD und Grüne – strikt ablehnt. „Es ist einfach unrealistisch.“
Die Rahmenbedingungen hätten sich durch die Zinserhöhungen der Notenbanken zur Bekämpfung der hohen Inflation verändert. Dadurch müsse der Staat jetzt jedes Jahr 40 Milliarden Euro an Zinszahlungen stemmen. Nachhaltige Finanzen seien daher das Gebot der Stunde. „Uns fehlt das Geld für Zukunftsaufgaben, weil wir die Schulden der Vergangenheit bezahlen müssen. Und diese Politik muss enden.“ Deswegen sei es „alternativlos“, mit den Einnahmen des Staates auszukommen und die Schuldenbremse einzuhalten.
Insidern zufolge will der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für nächstes Jahr bis zu zehn Milliarden Euro zusätzlich für den Wehretat herausholen. Lindner sagte, er sei dafür, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. „Konkrete Ziffern kann ich aber nicht benennen. Klar ist: Zehn Milliarden Euro mehr als jetzt im Jahr 2024, das ist eine unrealistische Größe.“ Das Geld solle über den laufenden Haushalt gestemmt werden. „Das bedeutet, dort eine Priorität zu setzen.“ Andere Projekte müssten sich dann hinten anstellen, so Lindner, ohne konkrete Beispiele zu nennen. „Anders wird es nicht gehen.“
Der Streit über den Haushalt für 2024 war zuletzt eskaliert. Dabei waren vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner in einem scharfen Briefwechsel aneinander geraten. Die Grünen sorgen sich, dass durch Vorfestlegungen am Ende zu wenig Geld für eigene Projekte übrig bleibt. Sie stellten deswegen auch die bisherigen Budgetplanungen wieder infrage.
Der Finanzminister verteidigte zudem das Engagement des Bundes bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Es werde hier über das Bürgergeldsystem geholfen, damit übernehme der Bund bereits Verpflichtungen für mehrere hunderttausend Menschen. „Damit hat der Bund seinen Beitrag in dieser aktuellen Situation bereits – ich sage – mehr als geleistet.“ Kommunen fordern vom Bund mehrere Milliarden Euro zusätzlich zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.
Interview: Lindner blockt Etatwünsche von Ampel-Partnern ab – „Unrealistisch“
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Claus Kuhn auf Pixabay
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