Düsseldorf/Frankfurt, 18. Jan – Der Ferngasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) hat von der Bundesregierung und der EU Klarheit über die Rahmenbedingungen für den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft gefordert. „Wenn die Bundesregierung nicht nur die Rücklichter der anderen Volkswirtschaften sehen will, muss sie Entscheidungen treffen“, sagte OGE-Chef Jörg Bergmann in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Es wäre zu wünschen, dass die Überarbeitung der Fortschreibung der Wasserstoff-Strategie im ersten Quartal 2023 abgeschlossen sei. Die Fernleitungsnetzbetreiber seien bereit, die Leitungen umzustellen oder neu zu bauen. „Es liegt an der Politik, die Weichen zu stellen und den Rahmen zu schaffen, dass daraus Realität werden kann.“
Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Unklar ist unter anderem, wer die Leitungen für den Transport von Wasserstoff betreiben darf und wie dies vergütet wird. Die Gaswirtschaft trifft dabei auf Skepsis bei Befürwortern einer weitgehenden Elektrifizierung von Bereichen wie Wärme und Transport. OGE gehört mit rund 1450 Mitarbeitern und einem Netz von 12.000 Kilometern Länge zu den größten Ferngasnetzbetreibern in Europa.
INVESTITIONS-ENTSCHEIDUNGEN BIS ZUM SOMMER
„Deutschland will Wasserstoff-Weltmeister werden“, sagte Bergmann, der seit 2017 Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmens mit Hauptsitz in Essen ist. „Aber wenn wir nicht jetzt Geschwindigkeit aufnehmen, werden wir aus der Vorrunde ausscheiden.“ Andere Länder wie die Niederlande seien schon weiter. Die Entscheidungen für die notwendigsten Wasserstoff-Leitungen sollten im Sommer fallen. Die EU müsse ebenfalls vorankommen und die Regeln für die Entflechtung für Wasserstoffnetze und deren Betreiber klären.
Auch für die Industrie seien die Entscheidungen wichtig, betonte Bergmann. „Wir müssen der Industrie klimaneutrale Energie anbieten, sonst treiben wir sie aus dem Land.“ Zahlreiche Konzerne forcieren Wasserstoffprojekte. Stahlunternehmen wie Thyssenkrupp wollen ihre Produktion damit ebenso klimafreundlich aufstellen wie der Chemieriese BASF. Viele Experten gehen davon aus, dass Deutschland den größten Teil der benötigten Wasserstoffmengen importieren muss. Kommen diese per Schiff an den Terminals der Nord- und Ostsee an, müssten sie größtenteils mit Pipelines zu den großen Industrieregionen der Republik transportiert werden.
Die Investitionsentscheidungen müssen Bergmann zufolge idealerweise bis Sommer getroffen werden, da man für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes durch die Umstellung oder den Neubau von Pipelines rund drei bis sechs Jahre benötige. „Die Fernleitungsnetzbetreiber haben in ihrem Zwischenbericht zum Netzentwicklungsplan 2022 mit Blick auf den Aufbau des Wasserstoffnetzes bis 2032 Investitionen von acht Milliarden Euro identifiziert.“
Bergmann wollte sich nicht zu Berichten äußern, wonach der australische Investor Macquarie bei OGE aussteigen wolle. Sein Unternehmen sei zufrieden mit der bestehenden Aktionärsstruktur. Danach hält Macquarie 24 Prozent der Anteile. British Columbia Investment Management kommt auf 32 Prozent, die Abu Dhabi Investment Authority auf 25 Prozent und die Münchener Rück auf 19 Prozent. „Wenn zusätzlicher Kapitalbedarf besteht, bin ich überzeugt, dass dieser von den Anteilseignern gedeckt wird“, betonte der Manager.
Interview: Gasnetzbetreiber OGE fordert Klarheit für Wasserstoff-Ausbau
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Michael Bußmann auf Pixabay
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